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10. Woche - HII-Regionen in Messier 33

Fotografiert von: Fabian Neyer | | Astrofoto der Woche

Die Sc-Spiralgalaxie M 33 ist neben dem Andromedanebel M 31 und der Milchstraße die dritte große Galaxie innerhalb der „Lokalen Gruppe“. Ihre Entfernung beträgt 2,64 Millionen Lj, ihr Durchmesser kommt auf 50.000 Lj. Mit dem 2,5-m-Teleskop auf Mt. Wilson konnte Edwin Hubble 1926 den Beweis erbringen, dass M 33 als Vertreter der „Spiralnebel“ stellar aufgebaut ist, dass also Galaxien Sternsysteme sind. Unser aktuelles AdW zeigt, dass ein guter Astrofotograf bereits mit kleiner Teleskopöffnung den stellaren Aufbau der Dreiecksgalaxie klar nachweisen kann. Das Bild hat ein Gesichtsfeld von 121' x 81', Norden liegt auf 10 Uhr. Laden Sie das Bild herunter und zoomen Sie ins Detail, um die vielen aufgelösten Einzelsterne zu erkennen.

 

M 33 ist von der Eigenfarbe her viel blauer als der Andromedanebel, weil dort sehr viele Sterne neu entstanden sind. Aus der Fotometrie von 42 Assoziationen ließ sich fotometrisch ein Alter von 4 bis 6 Millionen Jahren ableiten. Die Sternbildung wird begleitet von vielen HII-Regionen entlang der groben Spiralarme. Da frage ich mich: Wie mag M 33 vor mehr als 6 Millionen Jahren ausgesehen haben, als es die vielen blauen, jungen Sterngruppen und HII-Regionen noch nicht gab?

 

G. Courtès und Kollegen nutzten in den 1980er Jahren das russische 6-m-Teleskop für Hα-Fotos auf spektroskopischem Film. Es zeigten sich einige bis dahin unbekannte Blasengebilde und Gasbögen. Blasen und Bögen kennen wir z.B. von Barnard´s Loop, der die junge Orion-Assoziation umgibt, oder vom „Sichel-Nebel“ NGC 6888 im Schwan. Solche Objekte zeugen von hoher Dynamik, denn O-Sterne und massereiche Wolf-Rayet-Sterne (WR) werfen riesige Energiemengen in die umgebenden Nebelmassen. So erzeugen sie mit ihren Sternwinden und ihrem Strahlungsdruck große Gasblasen um sich herum. Spektroskopische Untersuchungen ergaben für die Blasen in M 33 neben Hα auch relativ viel ionisierten Schwefel [SII] und teilweise recht hohe Anteile von zweifach ionisiertem Sauerstoff [OIII] (D.A. Hunter, 1994). Hier würde es sich richtig lohnen, M 33 auch einmal im [OIII]-Licht aufzunehmen – was für dieses AdW nicht geplant war.

 

Mit etwa 115'' Durchmesser (1500 Lj) ist NGC 604 (Pixelkoordinaten 1213/1055) ca. 50-mal größer als der Orionnebel M 42. Man stelle sich beide Nebel am Himmel einmal nebeneinander vor! Damit ist NGC 604 nach dem bekannten Tarantelnebel in der Großen Magellanschen Wolke die zweitgrößte Riesen-HII-Region in der Lokalen Gruppe. Mit dem Hubble Space Telescope wurden in NGC 604 vier massive junge Sternhaufen nachgewiesen, die die umgebende gasförmige Materie zur Emission anregen. Auch ein Dutzend WR-Sterne von 25 bis zu 80 Sonnenmassen wurde entdeckt. Zudem schätzt man die Zahl der enthaltenen OB-Sterne auf etwa 190.

 

Auch NGC 595 (1512/893) ist eine Riesen-HII-Region mit vielen OB- und 10 WR-Sternen, hat aber fünfmal weniger Masse als NGC 604. Man beachte die nordwärts laufenden Hα-Strähnen. Sie erreichen eine Länge von etwa 1300 Lj. Ein Stückchen weiter bei (1640/845) liegt NGC 592, eine HII-Region mit ebenfalls mehreren zentralen Sternhaufen und einer riesigen, aber schwachen umgebenden Hα-Hülle von 1800 Lj Durchmesser. Auch hier wurden einige WR-Sterne als Verursacher aufgedeckt.

 

Sehr auffällig ist NGC 588 (1724/732). Die kleine elliptische Blase hat 50'' Durchmesser (640 Lj). Bei hoher Flächenhelligkeit wird sie durch einige WR-Sterne (wie auch sonst?)zur Expansion gebracht. In NGC 588 wurde eine starke [OIII]-Emission nachgewiesen. Nur ein Stückchen weiter bei (1730/682) erkennt man bei genügendem Hineinzoomen eine zarte, filamentförmige Blase von 60'' Ausdehnung (770 Lj). Sie leuchtet nachweislich jedoch nur in Hα.

 

Noch ein letzter Nebel. IC 132 bei (1279/586) zeigt ein starkes, blaues Leuchten. Offensichtlich ist in dieser HII-Region der Staub noch sehr dicht, so dass der Anteil von reflektiertem, blauem Licht der jungen Sterne überdurchschnittlich hoch ist. Ansonsten ist zu empfehlen, das AdW noch ausgiebig nach weiteren Blasenstrukturen zu durchstöbern und auch die vielen stellaren Details bewusst anzuschauen. Dazu zählen auch die teilweise ins Auge springenden Assoziationen, dicht gefüllt mit gut aufgelösten Einzelsternen und oft vermengt mit rotem Hα.

 

Um M 33 herum liegt ein Feld schwächster Nebelgebilde, die erst bei sehr langen Belichtungen zum Vorschein kommen (hier klicken). Es ist schwierig zu beurteilen, was davon als galaktischer Zirrus zu unserer Milchstraße gehört oder was schwächste Strukturen von M 33 sind. Der Zirrus ist überall am Himmel verteilt, am deutlichsten tritt er außerhalb der Milchstraßenebene in hohen galaktischen Breiten in Erscheinung. Im Gebiet von 40 Quadratgrad um M 33 jedoch wurden 2010 mit dem 4-m-Teleskop auf Hawaii auch bis dahin unbekannte schwächste Sternstrukturen entdeckt. MacConnachie et al. konnten Sterne von 21 bis 24 mag fotometrieren. Abgesehen vom Zirrus können hier also auch noch stellare Relikte von Zwerggalaxien vorliegen. Eine Gezeitenstruktur aus der Wechselwirkung von M 33 mit M 31 wird aber ebenfalls diskutiert.

 

Fabian Neyer, Mitglied der TBG-Gruppe, fertigte diese tiefe Sicht mit einem TEC 140 bei f/7,2 an. CCD-Kamera war eine STL-11000M mit Baader-Filtern. Die Belichtungszeit betrug 10,3-7,5-4,7-5,2-6,5 h für L(Hα+NII)RGB, insgesamt also 34,2 h. Bei 51 Messungen zeigte das SQM Werte zwischen 20,3 und 20,9 mag pro Quadratbogensekunde. Die Einzelaufnahmen entstanden in 17 Nächten zwischen Oktober 2012 und Oktober 2014. Um das Rot der HII-Regionen noch kräftiger herauszuarbeiten, wurde die Hα-Emission durch Subtraktion des roten Kontinuums im Kontrast angehoben.

 

Text zum Objekt und Belichtungsdaten: Peter Riepe

 

Fabian Neyer ist ein versierter Astrofotograf, dessen Fotos immer wieder staunen lassen. Seine Bilder wurden mehrfach als Astronomy Picture of the Day (APOD) ausgewählt oder waren das Astrofoto der Jahres (AdJ) hier beim AdW. Dabei lichtet er häufig gut bekannte, relativ helle und oft fotografierte Objekte ab, zeigt sie uns aber in einem anderen Licht, da er seinen Motiven eine extrem lange Belichtungszeit gönnt. So sehen wir im aktuellen AdW die bekannte Galaxie M 33 in einer ungewöhnlichen Tiefe. Vor allem in der invertierten Version zeigt die Aufnahme beeindruckende Strukturen im Bildhintergrund, auf die oben im Text bereits eingegangen wurde.

 

Dabei belichtet Fabian Neyer weder unter einem besonders dunklen Himmel, noch verfügt er über ein extrem lichtstarkes Teleskop oder eine hochempfindliche CCD-Kamera. Die Qualität seiner Bilder ist einzig und allein das Resultat seiner durchdachten Vorgehensweise. So ist die Tiefe des hier gezeigten Bildes zum einen der enormen Belichtungszeit von 34,2 Stunden geschuldet, zum anderen einer sehr sorgfältigen Reduktion (Dark- und Flatfield-Korrektur, Stacking) der Einzelbilder zu einem Summenbild. Auch die anschließende Bildbearbeitung ist exzellent, jedoch nicht alleine ausschlaggebend. Den Unterschied macht hier vor allem die enorme Belichtungszeit.

 

Bei der Bildbearbeitung hat Fabian Neyer eine relativ starke Farbsättigung gewählt. Starke Farben führen zu einem bleibenden Bildeindruck, jedoch liegt es am Geschmack des Fotografen, hier nicht zu übertreiben. Im deutschsprachigen Raum wurden in der Vergangenheit eher niedrige Farbsättigungen bevorzugt und Bilder mit starker Farbsättigung etwas abfällig als „zu amerikanisch“ bezeichnet. „Zu amerikanisch“ deshalb, weil zahlreiche US-amerikanische Astrofotografen gerade bei Galaxien eine sehr starke Farbsättigung bevorzugen, doch damit die Ästhetik inzwischen auch bei uns prägen.

 

Deshalb beginnt sich auch im deutschsprachigen Raum die einst eher konservative Einstellung zur Farbsättigung zu verändern, und so sieht man auch hier immer häufiger sehr farbige Astro-Bilder. Dagegen ist nichts einzuwenden, sind die Farben bei der Bildwahrnehmung doch ein starkes Stilmittel. Fraglich wird es aber immer dann, wenn bewusst Farben verändert, und somit die astrophysikalischen Gegebenheiten zu Gunsten einer Effekthascherei ignoriert werden.

 

Fabian Neyer hat es allerdings für unsere Geschmäcker bei der Farbsättigung nicht übertrieben und auch die Farben (bis auf eine akzeptable Verstärkung des Rot der Wasserstoff-Emissionsnebel) nicht wesentlich verfälscht. Er zeigt uns abermals eine wirklich beeindruckende Aufnahme. Gratulation zu diesem starken Bild!

 

Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim und Dr. Stefan Binnewies

 

Koordinaten (J2000): RA = 01 h 33,9 min, DE = +30° 39'

 

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