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10. Woche - Messier 42/43 - der „Große Orion-Nebel“

Fotografiert von: Hermann von Eiff | | Astrofoto der Woche

Noch ist der Orion-Nebel am frühen Abendhimmel sichtbar, aber allmählich neigt er sich absteigend gegen Südwesten. Nach langer Zeit zeigen wir ihn hier wieder einmal als AdW. Das Bild ist wegen des Hochformats um 90° gekippt: Norden ist links, Osten unten. Dabei gibt das Feld einen Bildwinkel von 131' x 87' wieder. Der Formenreichtum ist bemerkenswert. Zunächst stellt sich M 42 selbst als runder Nebelkomplex dar. Er leuchtet zentral im rötlichen Licht des ionisierten Wasserstoffs. Der umgebende Rand zeigt sich als bläulich leuchtender Reflexionsnebel von etwa 40 Bogenminuten Durchmesser. In einer Entfernung von 1420 Lj (O´Dell & Henney, 2008) sind das immerhin mehr als 16 Lichtjahre. Auffallend sind in diesem Nebelrand die vielen feinen Filamentstrukturen, Bögen und Verwirbelungen. Am liebsten möchte man diese Dynamik einmal als Zeitrafferfilm über Hunderttausende von Jahren mitverfolgen. Direkt nördlich angrenzend (also hier links) ist bei den Pixelkoordinaten 1220/980 der kleinere, runde und ebenfalls rot leuchtende M 43 zu sehen. Und weiter nach Norden springt der blaue Reflexionsnebel NGC 1977 ins Auge. Aber bitte genau hinschauen: In seinem Inneren macht sich rötlich glimmendes Hα-Licht bemerkbar. Hier haben wir nicht nur einen blauen Reflexionsnebel vorliegen, sondern eine noch in Entwicklung befindliche HII-Region, die in den kommenden Millionen Jahren zu einem richtig „schönen“ roten Nebel wird. Zwischen NGC 1977 und M 42/43 erstrecken sich dunkle Wolken mit rötlich leuchtenden Rändern, die so genannte Orion Molecular Cloud 2/3.

 

M 42 ist nicht nur ein Nebel. Er repräsentiert den nächstgelegenen Ort im Weltall, an dem die Entstehung massereicher Sterne abläuft. Zunächst: Von M 42 aus erstreckt sich nach Südsüdost die riesige Molekülwolke Orion A. Nach Nordnordosten ragt eine ebenso große Wolke, Orion B. In solchen Komplexen bilden sich dichte, gravitativ kontrahierende Bereiche, die schließlich zur Sternentstehung führen. Der hellste Bereich in M 42 erscheint im AdW weißlich. Dies ist die Trapezregion Theta Orionis, wo die bekannten vier Trapezsterne Theta 1 A-D liegen. Im AdW sind sie bei den Pixelkoordinaten 1353/900 so eben erkennbar. Langbrennweitig kann der Amateur hier aber noch zwei weitere Trapezsterne finden. Infrarot-Beobachtungen haben gezeigt, dass am Ort des Trapezes und insbesondere südlich davon ein riesiger offener Sternhaufen im interstellaren Material verborgen ist, nur 1 bis 2 Mio. Jahre alt. Die Astronomen nennen ihn kurz "ONC", den "Orion Nebula Cluster". Theta 1 C ist der leuchtkräftigste Stern im gesamten ONC. Mit seinem Spektraltyp O6 sendet er dermaßen viel UV-Energie aus, dass er allein schon in der Lage wäre, den gesamten Orion-Nebel zu ionisieren.

 

Was existiert im Feld an sichtbaren Sternhaufen? Zunächst fallen nördlich von NGC 1977 einige helle blaue Sterne auf. Sie bilden den offenen Haufen NGC 1981. Sieht man im AdW genauer hin, so gehört aber noch eine Häufung schwächerer Sterne hinzu. Und dann steht am südlichen Außenbereich von M 42 der helle Stern Iota Orionis, begleitet von einigen weiteren Sternen. Sie bilden den scheinbar lockeren offenen Sternhaufen NGC 1980. Locker? Das täuscht. Vor kurzem fanden Astronomen nämlich heraus, dass NGC 1980 etwa 2000 Sterne beherbergt und von uns aus gesehen vor dem ONC liegt (Alves & Bouy, 2012).

 

Bildautor Hermann von Eiff wählte als Aufnahmeort die Herchenhainer Höhe (Vogelsberg). Aufnahmedatum war der 03.12.2016 von 20:35 - 23:17 Uhr UT. Teleskop war ein Starfire EDF 155 mm von Astro-Physics bei 825 mm Brennweite (d.h. f/5,2 focal reducer). Dazu wurde eine Canon 5D Mark II verwendet plus UV/IR-Filter von Baader. Die Belichtung erstreckte sich auf 41 x 3 min, 17 x 1 min, 18 x 25 s und 16 x 5 s bei ISO 1600. Als Montierung wurde eine GM 2000 von 10micron verwendet. Aufgenommen mit Backyard EOS, nachgeführt mit PHD2, fokussiert mit Robofocus. Für die Bildbearbeitung kamen PixInsight, Registar und Photoshop CC zum Einsatz.

 

Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe

 

In der Astrofotografie hat sich der Begriff Standardobjekt etabliert (nicht zu verwechseln mit Standardkerze, was ein feststehender Begriff in der Astrophysik ist) für solche Objekte, die sehr oft aufgenommen werden. Ein solches Standardobjekt ist M 42. Warum ist M 42 so beliebt? Weil er zum einen sehr hell ist und zum anderen einfach wunderschön. Und so kommt es, dass Anfänger in der Astrofotografie gerne M 42 für ihre ersten Schritte aussuchen. Die Ernüchterung folgt dann auf dem Fuß, denn es bedarf schon etwas Erfahrung, um den wahnsinnigen Dynamikumfang dieses Objektes ins fertige Bild zu retten. Erfahrene Astrofotografen wissen wie das geht, und selbstverständlich gehört Hermann von Eiff auch zu dieser Gruppe.

 

Die andere Schwierigkeit besteht darin, ein so häufig gezeigtes Objekt so zu präsentieren, dass es nicht ein Bild unter vielen ist. Ich finde, Herrmann von Eiff ist das mit der vorliegenden Aufnahme gut gelungen. Insbesondere die kräftigen Farben, aber auch die vielen Details, machen dieses Bild zum Hingucker.

 

Am vorliegenden Bild kann man schön sehen, dass ein Astrofoto in verschiedene Zonen eingeteilt werden kann. Ron Wodaski beschreibt das ausführlich in seinem Buch "The Zone System For Astro-Imaging". Es gibt Zonen mit einem sehr hohen Signal zu Rausch-Verhältnis, Zonen mittlerer Intensität und den Hintergrund. Diese Zonen benötigen unterschiedliche Behandlungen in der Bildbearbeitung. Der Hintergrund z.B. wird häufig entrauscht und von lästigen Gradienten befreit, während die Bereiche mit hohem Signal zu Rausch-Verhältnis eher nicht entrauscht werden, dafür aber zum Beispiel geschärft.

 

Schärfungen funktionieren nur bei hohem Kontrast (hier im Bild die Dunkelnebel vor dem hellen Hintergrund). Gängige Methoden, um Details in Nebeln oder Galaxien zu schärfen, sind die unscharfe Maske und in den letzten Jahren zunehmend Wavelet-Filter. Schaut man sich das Bild an, so erkennt man gut, dass hier geschärft wurde. Man erkennt es nicht nur an den schönen Details, sondern auch an leichten Artefakten (Gibbs-Effekt), insbesondere im zentralen Bereich des Nebels. Es gibt zwei Methoden diese Artefakte um die Sterne zu vermeiden. Zum einen bieten die Schärfungswerkzeuge der gängigen Bildbearbeitungssoftwares so genannte „Deringing-Funktionen“ an. Zum anderen kann man mit Masken arbeiten. die dann eine Schärfung nur auf bestimmte Bereiche des Bildes zulassen.

 

Die insgesamt richtige und sorgfältige Vorgehensweise bei der Bildbearbeitung führt bei kontrastreichen Objekten zu einem plastischen Bildeindruck. Genau das ist es, was Hermann von Eiffs Aufnahme des Orionnebels ausmacht.

 

Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim

 

Koordinaten (J2000.0):
RA = 05 h 35 min 17 s, DE = -05° 23' 28"

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