12. Woche - Der Nordwesten des Eta-Carinae-Nebels

Heute wird wieder einmal ein Bild des südlichen Sternenhimmels vorgestellt. Das aktuelle AdW zeigt uns einen Blick in den Nordwestbereich des Eta-Carinae-Nebels NGC 3372. Bildautor Peter Remmel, Mitglied der VdS-Fachgruppe Astrofotografie, reichte dieses wunderschöne Motiv ein. Es handelt sich um ein Falschfarbenbild, aufgenommen in den Filterungen Hα, [SII] und [OIII] und zusammengestellt gemäß der Hubble-Palette. Die remote gesteuerte Aufnahme entstand vom 5. bis 17.01.2020 am El Sauce Observatory in Chile. Teleskop war ein TOA 150 mm/1100 mm, Kamera eine Fingerlakes FLI 16200. Pro Filter wurde 20 x 30 min belichtet. Das Bildfeld erstreckt sich auf 84' x 68', Norden ist oben, Osten links (Anmerkung: natürlich auch auf der Südhalbkugel).
Was zeigt das AdW an Objekten? Da ist zunächst rechts oben der prächtige und reiche offene Sternhaufen NGC 3293. Er besitzt 48 B-Sterne, dabei ein B0-Überriese, die das Umfeld mit Energie versorgen. Für NGC 3293 wird ein Alter von 8 bis 10 Millionen Jahren geschätzt (Preibisch et al. 2017). Der Sternhaufen steckt in einer schwachen Nebelformation, die als Gum 30 und auch als RCW 51 katalogisiert ist. Für diejenigen, die an Literatur zu Nebelkatalogen interessiert sind: Gum C.S.: "A Survey of Southern HII Regions", MmRAS 67, 155 (1955) sowie Rodgers A.W., Campbell C.T., Whiteoak J.B.: "A catalogue of Hα-emission regions in the southern Milky Way", MNRAS 121, 103 (1960). Bemerkenswert finde ich, dass diese HII-Region strähnig strukturiert ist, sowohl in ihren emittierenden Bereichen nordwestlich von NGC 3293 als auch in der parallel verlaufenden Dunkelwolke, die sich 7' östlich des Sternhaufens erstreckt. Etwa 10' westlich von NGC 3293, bei den Pixelkoordinaten (3940/850), erkennt man eine unauffällige, lockere Sternengruppe. Hierbei handelt es sich um den offenen Sternhaufen Loden 153. Diese Bezeichnung geht zurück auf L.O. Loden, der sich mit südlichen Sternfeldern befasste, in denen er bis dato unentdeckte Sternhaufen vermutete. !973 publizierte Loden seine Untersuchungen.
Wechseln wir nun zum nördlichen Bildrand, Bildmitte. Dort liegt bei (2343/248) der 9,3 mag helle Stern HD 92383. Mit seinem Spektraltyp B3V und einem Farbindex von 0,11 mag repräsentiert er einen massereichen blauen, heißen Stern. Offensichtlich ist er gerade noch in der Lage, den ihn umgebenden Nebel vdBH 42a zum Leuchten anzuregen. Das Kürzel vdBH stammt von den Autoren van den Bergh und Herbst, die 1975 eine wesentliche Veröffentlichung hatten: "Catalogue of southern stars embedded in nebulosity", Astronom. Journal 80, 208 (3/1975). Die Autoren beschreiben den Nebel als rot, mit blauem Zentrum. Der Zentralbereich wird mit 1,6' Durchmesser im Blauen und 4' Durchmesser im Roten angegeben.
Etwas unterhalb der Bildmitte befindet sich die runde HII-Region IC 2599 (= Gum 31). Das Nebelzentrum leuchtet sehr stark in [OIII], der umgebende helle und ionisierte Nebelrand dagegen emittiert in Hα und [SII]. Er erscheint in seinem Westbereich sehr scharf ausgeprägt und gleicht einer Mondsichel. Hier trifft energiereiche UV-Strahlung auf die umgebende Molekülwolke und regt den dort vorhandenen Wasserstoff zur Lichtemission an. Dagegen fällt der Ostrand diffuser auf, durchsetzt von Dunkelwolken. Der unscheinbare offene Haufen NGC 3324 bei den Pixelkoordinaten (2675/2155) ist der Ausgangspunkt für die ionisierende UV-Strahlung in Gum 31.
In der linken unteren Bildecke ragt ein Teil des Eta-Carinae-Nebels ins Bild. Dieses Objekt soll jetzt nicht weiter besprochen werden - das wäre ein eigenes Thema. Was aber bemerkenswert ist: Dieser Nebelbereich hat eine eindeutige runde Filamentstruktur. Da im Zentrum kein anregender O-Stern zu finden ist, bleibt nur eine Schlussfolgerung: Hier haben vor einigen Millionen Jahren Supernova-Explosionen stattgefunden, die dem Nebel diese Form verleihen konnten. Vielleicht noch eines: Die Entfernung des gesamten Carina-Komplexes wird auf etwa 2,3 kpc (ca. 7500 Lj) geschätzt.
Anmerkung zum Bild: Die Darstellung gemäß der Hubble-Palette hat den Vorteil, dass Emissionsnebel in ihren chemischen Bestandteilen separat dargestellt werden können. Das ist nicht möglich, wenn nur eine Schmalbandfilterung vorgenommen wird. Ein sehr schönes Bild, ansprechend in der Bildwirkung und Ästhetik, dazu technisch sauber. Dem Bildautor Peter Remmel einen herzlichen Dank für dieses gelungene AdW, und dazu auch unsere Gratulation!
Peter Riepe
Bildautor: Peter Remmel
Koordinaten von IC 2599:
RA = 10 h 37 min 42 s, DE = -58° 39' 00"
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