15. Woche - Sharpless 173, eine HII-Region in der Cassiopeia

Der Sharpless-Katalog der HII-Regionen ist für viele Astrofotografen eine Fundgrube. So zeigen wir heute die Nr. 173 aus diesem Katalog. Im Bildfeld von 61' x 45' liegt Norden fast oben (11:30 Uhr), Osten links. Aus dem Bild ergibt sich für Sh2-173 ein Durchmesser von knapp 30'. Sharpless selbst nennt ebenfalls 30' sowie eine runde Form, strukturiert und mittelhell. Die Struktur wird optisch im Wesentlichen durch drei dichte, teilweise zerfaserte Staubwolken gebildet. Dadurch wird für den hellsten Nebelbereich im Nordwesten eine Bogenform vorgegaukelt.
Die Entfernung der HII-Region wird von Cichowolski et al. (2009) auf 2,5 kpc geschätzt, das wären etwa 8200 Lichtjahre. Ihre Untersuchungen im Optischen und im Radiokontinuum ergeben ein Alter von nur 600.000 bis 1 Mio. Jahre. Das ist sehr jung. Mit dem Nebel sind ein paar massive Sterne assoziiert, darunter der O9-Stern BD+60 39 als Energiequelle für die Anregung/Ionisation. Dieser Hauptreihenstern aus der "Bonner Durchmusterung" fällt im Bild kaum auf, er liegt bei den Pixelkoordinaten 1817/1310 (dazu das Bild bitte herunterladen und hineinzoomen). Die anderen blauen Sterne im Bild sowie der orangefarbene am Nebelrand sind Vordergrundsterne, die nichts mit der HII-Region zu tun haben.
Sh2-173 steht vermutlich mit einen großen Schalenkomplex aus neutralem Wasserstoff in Zusammenhang, der im Perseusarm der Milchstraße vor rund 30 Jahren radioastronomisch entdeckt wurde. Hier darf also der Entstehungsursprung von Sh2-173 vermutet werden. Gleichzeitig wird Sh2-173 von Molekülwolken umgeben, in denen ihrerseits zahlreiche neue, junge stellare Objekte entdeckt wurden. Ihre Entstehung wurde von den OB-Sternen in Sh2-173 angestoßen.
Frank Iwaszkiewicz hat dieses dieses reizvolle Bild am 26.01.2017 aufgenommen, Aufnahmeort war Eggersdorf. Als Teleskop verwendete er einen ONTC-Newton 250 mm / 1000 mm, dazu als CCD-Kamera eine Atik 383L+. Das Sammeln der Photonen erstreckte sich zu mehr als 80% auf die rote Wasserstofflinie: Mittels Hα-Filterung (HWB = 6 nm) wurde 18 x 1800 s belichtet, dazu dann nur 8 x 300 s je RGB-Filter (mehr dazu bei der technischen Kommentierung). Die Bildbearbeitung übernahm Nico Geisler.
Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe
Das Deep Sky Astroteam, von dem die heutige Aufnahme stammt, schreibt auf seiner Homepage: „Der Nebel wird häufig als Phantom der Oper Nebel bezeichnet“, wegen seiner Ähnlichkeit zur maskierten Hauptfigur aus dem gleichnamigen Musical. Für mich sieht der Nebel eher wie eine Schweineschnauze oder ein Bullenkopf aus. Nun aber zu den technischen Details des Bildes.
Es handelt sich um ein HαRGB. D.h. der Hα-Kanal wird zum einen als Luminanzkanal verwendet, und gleichzeitig dem Rotkanal zugemischt. Die relativ kurz belichteten RGB-Aufnahmen dienen dabei mehr oder weniger nur dazu, den Sternen ihre Farbe zu leihen. Die alternative Vorgehensweise ist es, eine für CCD-Kameras übliche LRGB-Aufnahme zu erstellen und zusätzlich eine Hα-Aufnahme. Letztere wird dann ausschließlich dem Rotkanal beigemischt, um den Hα-Anteil im LRGB-Bild zu verstärken. Beide Methoden haben ihre Berechtigung, sowie ihre Vor- und Nachteile.
Das hier gezeigte Bild hat eine relativ gleichförmige Farbdifferenzierung, denn der Hauptinformationsanteil des gesamten Bildes besteht aus dem eingefärbten Hα-Bild. Vorteil dieser Methode ist, dass man solche Bilder in Mondnächten aufnehmen kann. Auch wenn die RGB-Aufnahmen durch das Mondlicht stark beeinträchtigt werden, ist das getrost zu vernachlässigen, da es mehr oder weniger nur auf die Sternfarben ankommt. Ein weiterer Vorteil ist, dass man mit relativ wenig zusätzlichem Aufwand sowohl ein Graustufen-Hα-Bild als auch ein Farbbild bekommt.
Die LR(Hα)GB-Methode ist wesentlich aufwändiger. Zunächst muss man ja unter sehr guten Bedingungen das LRGB-Bild aufnehmen, und dann noch zusätzlich ein tiefes Hα-Bild (welches bei Mondschein aufgenommen werden kann). Man betreibt also einen recht großen Belichtungsaufwand um alle nötigen Aufnahmen zu bekommen. Allerdings ist die Farbdifferenzierung im finalen Bild deutlich besser. Die Methode ist aber nur praktikabel, wenn man über einen langen Zeitraum (mehrere Nächte) belichten kann.
Das vorliegende Bild zeigt schön was mit der HαRGB-Methode möglich ist, Gratulation an die Bildautoren.
Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim
Koordinaten (J2000.0):
RA = 00 h 21 min 16 s, DE = +61° 43' 30"
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