16. Woche - Im Perseus-Arm der Milchstraße: Sh2-225

Heute stellen wir ein selten gezeigtes Deep-Sky-Objekt vor, nämlich Sh2-225. Auch wenn dieser lichtschwache Emissionsnebel des Sharpless-Katalogs im Sternbild Auriga liegt: Er gehört mit zahlreichen anderen HII-Regionen zum Perseus-Arm unserer Milchstraße. Das AdW zeigt ein Bildfeld von 39' x 31', Norden liegt oben, Osten links. Hellster Stern im Bildfeld ist HD 35555. Er liegt links der Bildmitte und hat bei 8,14 mag einem Farbindex B-V = 0,09 mag. Trotz dieser kräftig blauen Farbe ist sein Spektraltyp nur A0. Mit anderen Worten: Er kann gar nicht für die Anregung und Emission von Sh2-225 verantwortlich sein! Schauen wir uns jetzt die invertierte, kontrastverstärkte Schwarzweiß-Variante des Rotauszugs an (hier klicken). Sofort wird klar, dass HD 35555 schon auf Grund seiner Lage in Bezug auf die gebogene Ionisationsfront von Sh2-225 gar nicht als anregende UV-Quelle in Frage kommen kann! Die gesuchte Quelle muss aus anderer Richtung scheinen.
Schon 1979 befassten sich Moffat, Jackson und Fitzgerald intensiv mit jungen Sternen in diesem Gebiet. Sie erforschten zahlreiche HII-Regionen und ihre möglichen anregenden Sterne. Bei Sh2-225 fanden sie nur einen Kandidaten, nämlich HD 278236. Im AdW liegt dieser Stern symmetrisch unterhalb der bogenförmigen Nebelschale bei den Pixelkoordinaten (1608/1485). Moffat et al. geben für ihn 11800 Lj Entfernung an und nennen den Spektraltyp O9. Damit wäre er energiereich genug, um Sh2-225 zur Emission anzuregen. Foster & Brunt (2015) fanden für die Nebelmasse eine Entfernung von etwa 12300 Lj (± 20%), was mit radioastronomischen Methoden (HI und CO) bestimmt wurde und gut zu den Moffat-Werten passt.
Die V-Helligkeit von HD 278236 beträgt aber nur 10,86 mag bei einem Farbindex von B-V = 0,33 mag. Damit ist dieser Stern deutlich schwächer als HD 35555 und stark gerötet für einen O-Stern. Warum erscheint HD 278236 als anregender Stern so unauffällig und nicht so blau? Die Antwort ist simpel: Das Gebiet um Sh2-225 befindet sich nur 3° oberhalb des galaktischen Äquators und unterliegt einer Extinktion von 2,3 mag, d.h. hier ist die interstellare Materie relativ dicht, und nur 12% des Lichts gelangen hindurch. Dies ist zwangsläufig mit einer starken Rötung verbunden.
Bildautor ist Günter Kerschhuber. Das Bild entstand zwischen dem 10. und 12. August 2015 an der Sternwarte Gahberg im Salzkammergut. Die Luminanz wurde mit einem 10-zölligen Newton (Marke ASA, mit Paracorr) bei 1050 mm Brennweite und einer Starlight Trius 694 belichtet, insgesamt 383 Minuten. Hinzu kamen 242 Minuten für Hα. Die jeweils 130-minütigen Farbbelichtungen in RGB entstanden mit einer Starlight SXV-H9 an einem 8-Zöller (Selbstbau) bei 540 mm Brennweite. Alles in allem wurde damit also fast 17 Stunden belichtet.
Text zum Objekt und Belichtungsdaten: Peter Riepe
Wie bereits beim letztjährigen AdW vom 26. Oktober beweist Günter Kerschhuber erneut seine Meisterschaft bei der Verarbeitung von Astro-Bildern, die zuvor mit unterschiedlichen Teleskopen und Kameras in parallelen Belichtungen auf einer Montierung gewonnen wurden. Und dass dabei selbst ein 10-zölliger ASA-Reflektor (f = 1050 mm) mit einer Starlight Trius 694 (Pixelgröße 4,54 µm x 4,54 µm) und ein 8-Zoll-Newton (f = 540 mm) mit der Starlight SXV-H9 und ihren größeren Pixeln (6,45 µm x 6,45 µm) so wunderbar harmonieren, ist ein starkes Argument, bei der Bildgewinnung auch einmal die ausgetretenen Pfade zu verlassen und eine in Amateurkreisen eher unkonventionelle Lösung umzusetzen.
Und nicht zuletzt ist auch die Objektauswahl diesmal ganz abseits des Mainstreams und versprach kein atemberaubendes Ergebnis sondern „nur“ die Darstellung eines kaum je aufgenommenen Emissionsnebels. Dass Günter Kerschhuber diesem Motiv dennoch eine stundenlange Belichtung widmet, rückt dieses Objekt nun für uns alle ins rechte Licht – herzlichen Dank dafür dem beharrlichen Bildautor.
Kommentar zum Bild: Dr. Stefan Binnewies und Frank Sackenheim
Koordinaten J2000.0:
RA = 05 h 27 min 10 s, DE = +40° 37' 30"
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