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20. Woche - Merkur-Passage im blauen Calziumlicht

Fotografiert von: Bernhard Christ | | Astrofoto der Woche

Das heutige Astrofoto der Woche zeigt unseren sonnennächsten Planeten Merkur während seiner unteren Konjunktion zur Sonne am 09.05.2016. Während dieser Konjunktion befand sich Merkur zudem in der Nähe seines (aufsteigenden) Bahnknotens, dem Schnittpunkt mit der Ekliptik, sodass Erde, Merkur und Sonne auf einer Linie standen und es zu einer Passage vor der Sonne kam. Zu diesem Ereignis sind in den Foren bereits unzählige Aufnahmen zu sehen gewesen, sei es im Weißlicht oder im roten Hα-Licht. Seltener findet man jedoch Aufnahmen im blauen Licht der Fraunhoferschen Calziumlinien. Neben der Linie mit der traditionellen Bezeichnung H (396,85 nm) gibt es auch die Linie K (393,37 nm).

Es war also eine „kleine“ Sonnenfinsternis, die aufgrund der Bahnneigung der Merkurbahn zur Ekliptik (ca. 7°) selten vorkommt. Der mit rund 4.879 km Durchmesser vergleichsweise kleine Merkur benötigte für die Sonnenpassage ca. 7,5 Stunden. Seine Entfernung zur Erde betrug ca. 83,4 Mio. km und der daraus resultierende scheinbare Durchmesser des im Gegensatz zu den Sonnenflecken pechschwarzen Balles betrug nur etwa 12 Bogensekunden.

Der letzte gut von Mitteleuropa aus sichtbare Merkur-Transit fand übrigens am 07.05.2003 statt. Innerhalb dieser 13 Jahre hat sich die Aufnahmetechnik allerdings revolutionär verändert. Während „früher“ noch meist mit chemischem Film oder einfachen Digitalkameras und überwiegend mit „Einzelbildern“ gearbeitet wurde, kommen heute schnelle und kompakte Videokameras mit CCD- oder CMOS-Chips zum Einsatz, die im Zusammenspiel mit sogenannten „Stacking“-Programmen in der Lage sind, die am wenigsten von Luftunruhe behafteten Bildsegmente heraus zu sammeln und wieder zu einem scharfen Einzelbild zusammenzusetzen. So ist es möglich, der Luftunruhe in gewissen Grenzen ein Schnippchen zu schlagen.

Dank Hoch „Peter“ waren Anfang Mai in vielen Regionen Deutschlands relativ gute Wetterbedingungen für die Passage gegeben, allerdings zogen im Laufe des Transit-Tages hohe Eiswolken aus Westen auf, die mancherorts die fotografische Beobachtung zum Teil beeinträchtigten.

Im Gegensatz zur Merkur-Passage vor 13 Jahren stehen dem Amateur heute mittlerweile Disziplinen offen, die erst in den letzten Jahren zu einigermaßen erschwinglichen Anschaffungskosten erreichbar wurden. So nutze Bernhard Christ aus Michelstadt/Odenwald, Debütant beim AdW (wir heißen ihn herzlich willkommen!), einen Calziumfilter der Marke Lunt. Der mit einer Halbwertsbreite von ≤ 24,2 Nanometern ausgelegte Interferenzfilter ist dabei im Gehäuse eines Zenitspiegels integriert und erlaubt für die Wellenlänge von 393,37 nm (CaII K) ausreichend korrigierten Refraktor-Optiken bis zu einer Öffnung von 102 mm und 1.200 mm Brennweite Beobachtungen der Sonne auf die sehr dünne Schicht knapp oberhalb der Photosphäre der Sonne. Im Calziumlicht wird der untere Bereich der Chromosphäre ca. 500 km über der Photosphäre sichtbar.

Der Schwerpunkt in der K-Linie liegt allerdings auf der fotografischen Nutzung, da das Bild zum einen sehr dunkel ist und besonders ältere Menschen in diesem Bereich des Sonnenspektrums fast „blind“ sind. Kinder und am grauen Star operierte Menschen mögen u.U. noch visuell etwas erkennen.

Dieser kurzwellige „blaue“ Spektralbereich ist sehr seeinganfällig, im Gegensatz zur langweiligen „roten“ Hα-Linie bei 656,3 Nanometern, die selbst bei mit Cirrus-Wolken verschmiertem Himmel immer noch akzeptable Beobachtungsmöglichkeiten bieten kann. Daher findet die Aufnahme im blauen Licht hinsichtlich Öffnung der Optik sowie Schärfe und Details besondere Anerkennung. Zum Zeitpunkt der Aufnahme um 16:19 Uhr UT hatte Merkur bereits 2/3 seiner „Reise“ vor der Sonne hinter sich. Man erkennt neben Merkur auf der Sonnenoberfläche Fackelgebiete, die im Gegensatz zu Weißlichtbeobachtungen im Calziumlicht auch abseits des Sonnenrands gut nachweisbar sind. Außerdem ziert die Sonnenoberfläche einige aktive Regionen (u.a. AR12542 und AR12543) mit Sonnenflecken. Um sie herum erkennt man u.a. sogenannte Supergranulationszellen. Sie haben durchschnittlich einen Durchmesser von etwa 30.000 Kilometern. Ihre Aufgabe ist es, heißes Gas in Richtung Sonnenoberfläche zu transportieren. Bei diesem Transport kommt es zu einer gewissen Konzentration der magnetischen Felder an den Rändern der Supergranulationszellen. Diese heizen ihrerseits das sie umgebende Gas weiter auf. Diese heißen äußeren Ränder lassen sich im Licht der Calziumlinie heller erkennen.

Die Aufnahme erfolgte mit einem apochromatischen Refraktor mit einer Öffnung von 80 mm und einer Brennweite von 600 mm (Werksangabe) der Marke Orion. Als Filter wurde ein Calziumfilter der Marke Lunt mit einer Halbwertsbreite von 24,2 nm bei einer Wellenlänge von 393,4 nm verwendet. Als Aufnahmekamera kam eine monochrome CMOS-Videokamera der Marke ZWO ASI120MM zum Einsatz.

Vielerorts konnte das Ende der Passage gegen 18:40 Uhr UT aufgrund von Wolken bzw. wegen des Sonnenuntergangs nicht mehr verfolgt werden. Die nächste Gelegenheit bietet sich unter ungünstigeren Bedingungen erst wieder am 11.11.2019.

Text zum AdW: Jens Leich.

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