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21. Woche - NGC 7822, HII-Region in der Cassiopeia

Fotografiert von: Jürgen Mayer | | Astrofoto der Woche

Heute zeigen wir NGC 7822, einen interessant strukturierten Emissionsnebel im Grenzgebiet der Sternbilder Cepheus und Cassiopeia. Im Bild ist Norden oben und Osten links bei einem Bildfeld von 6,6° x 4,3°. NGC 7822 (auch als Sh2-171 katalogisiert) wurde bereits im AdW 4/2017 als Schmalbandaufnahme vorgestellt, so dass ein direkter Vergleich lohnt. Dabei wird der Leser jetzt zahlreiche Details mehr finden, also mein Rat: Beide Bilder herunterladen und im Detail anschauen.

Die HII-Region NGC 7822 sitzt nur 5,5° oberhalb der galaktischen Ebene im dichten Teil der Milchstraße. Der hellste Nebelbereich liegt zentral, darum erstreckt sich schalenförmig ein Nebelbogen, der nur im Osten offen ist. Zahlreiche Dunkelwolken ziehen sich sowohl durch den Nebel als auch in Form einer lockeren Kette nach Osten. Im Nebelzentrum befindet sich in ca. 3300 Lj Entfernung der offene Sternhaufen Berkeley 59 (Pixelkoordinaten 1791/848). Er gehört zur Sternassoziation Cepheus OB4. An seinem Ort, das fällt schon beim ersten Betrachten des Bildes auf, liegt dichte interstellare Materie vor. Damit befindet sich der nur 1,8 Mio. Jahre alte Sternhaufen in einer obstruierten Zone mit einer visuellen Absorption von 4 mag (N. Panwar et al., Astronom. J. 155, 44 (2018)). Im Sternhaufen gibt es einige massereiche Sterne, deren hellster (BD +66°1675) visuelle 9,08 mag aufweist und vom Spektraltyp O7 ist. Dieser Stern und ein O9-Stern dazu heizen also dem Nebel kräftig ein. Weiterhin wurden per Infrarotfotometrie sehr viele junge Sterne geringer Masse gefunden, die noch nicht einmal ihr Hauptreihenstadium erreicht haben. Der scheinbare Durchmesser von NGC 7822 beträgt etwa 3°, was seinen wahren Durchmesser bei der genannten Entfernung auf das Fünffache des Orionnebels bringt.

Geht man ins Detail, so fallen im zentralen, hellen Nebelbereich zwei markante Strukturen auf, die den „pillars of creation“ in M 16 gleichen. Mehrere dieser Säulen liegen bei 1802/980. Sie weisen direkt auf Berkeley 59 hin. Auch bei 1674/966 ist eine solche Struktur zu sehen, die ebenfalls wie ein Finger auf Berkeley 59 zeigt. Direkt dabei bemerkt man den hellen Stern HD 225216. Er ist 5,7 mag hell, hat aber mit dem „pillar“ nichts zu tun, denn es handelt sich um einen kühlen Riesen des Spektraltyps K1. Was zunächst ein wenig verwundert: Dieser Stern kommt nicht gelborange heraus (so müsste es sein), sondern weiß. Ein weiterer Vergleich: Bei den Pixelkoordinaten 1726/1149 ist der 6,3 mag helle veränderliche Riese V398 Cep zu finden. Von seinem Spektraltyp M4 her sollte er orangerot sein, ist aber nur gelblich. Insofern darf man fragen, ob die Kalibrierung nicht der Farbe Blau zuviel Gewicht einräumt. Die überlagerte blaue Färbung in der HII-Region erscheint mir doch etwas zu kräftig. Davon ab: Die Bildwirkung ist natürlich bemerkenswert, als kleines „Schmankerl“ darf man auch die lokale rote Nebelballung bei 1652/1428 ansehen.

Hans Jürgen Mayer ist Bildautor. Im August 2017 gelang ihm diese langbelichtete und tiefe Aufnahme – wie so oft schon – in Stolac/Kroatien. Optik war ein Canon EF 200/2,8 bei f/3,5 kombiniert mit einer Canon EOS 1300Da für die Farben und einer Canon EOS 1100Da mono für Hα. Belichtet wurde bei ISO 800 insgesamt 18 h (!!!) für die Farben und 5,4 h für Hα. Der Bildautor schreibt: „Das Motiv wurde ja schon öfter als AdW gezeigt, aber soweit ich weiß immer nur als Schmalbandaufnahme. Hier einmal eine Breitbandaufnahme mit nur wenig Hα-Unterstützung.“

Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe

Hans Jürgen Mayer ist einer der Astrofotografen, die regelmäßig Bilder zum AdW einsenden. Auf seine Aufnahmetechnik sowie seine Beobachtungsstandorte sind wir daher auch schon mehrfach eingegangen. Wieder wurde die Aufnahme in einer malerischen Küstenlandschaft in Kroatien aufgenommen und wieder mit zwei DSLR-Kameras, einer herkömmlichen DSLR und einer speziell astromodifizierten DSLR. Speziell insofern, dass der Chip mechanisch so manipuliert wurde, dass er nunmehr ein monochromes Bild liefert. Mit speziellen Werkzeugen wurde hier die sogenannte Bayermatrix, also die mikroskopisch kleinen Farbfilter vor den einzelnen Pixeln, vom Chip abgekratzt. Das erlaubt es z.B. Aufnahmen mit Schmalbandfiltern zu machen, ohne dabei die Auflösung eines DSLR-Chips einbüßen zu müssen, wie es dann der Fall ist, wenn man mit einem solchen Filter und vorhandener Bayermatrix fotografiert. Hans Jürgen Mayer hat dieses Kameramodell genommen, um eine Hα-gefilterte Aufnahme zu erstellen, die später der Farbaufnahme der anderen Kamera untergemischt wurde. Diese Kombination von RGB-Aufnahmen und Schmalbandaufnahmen kann auf verschiedene Art und Weise passieren, und jeder Astrofotograf hat seine bevorzugte Methode, die dann meistens auch noch abgewandelt wird. Wie Hans Jürgen Mayer dabei genau vorgegangen ist, verrät er uns nicht en Detail. Nur soviel, dass der Hα-Kanal dem Rotkanal der Aufnahme zugemischt wurde (die weit verbreitete Variante), aber auch noch in die Luminanz eingeflossen ist, obwohl es ja bei DSLRs keine explizite Luminanz gibt. Dennoch lassen sich die Anteile eines RGB-Bildes in Luminanz und Chrominanz aufteilen und auch separat bearbeiten.

Auffällig bei dem Bild sind die türkisen Halos um viele der Sterne, die sich teilweise zu einem regelrechten Schleier verbinden, der über dem Bild liegt. Türkis lässt darauf schließen, dass sich die Farbinformationen aus Grün und Blau zusammensetzen, es also an roten Anteilen fehlt. In anderen Bildteilen ist Rot aber deutlich vorhanden. Evtl. ist das ein Resultat einer speziellen Bildbearbeitung (etwa dem Entfernen von Sternen in nur einem Kanal). Trotz dieses kleinen Makels handelt es sich um eine sehr schöne Aufnahme, bei der der Hauptprotagonist, nämlich der Emissionsnebel, schön zur Geltung kommt.

Wir gratulieren Hans Jürgen Mayer zum Bild und natürlich zum AdW.

Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim

Koordinaten (J2000.0):

RA = 00 h 09 min 34 s, DE = +67° 25' 17"

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