22. Woche - Außergewöhnlich: NGC 4151 in den Jagdhunden

Die Spiralgalaxie NGC 4151 ist keine normale Spiralgalaxie. Sie zeigt große Unterschiede bezüglich Helligkeit und Form der inneren Region im Vergleich zu den äußeren Spiralarmen. Das aktuelle AdW hat Norden oben, Osten links und deckt ein Feld von 34' x 26' ab. Gerald Willems ist der Bildautor. Er hatte NGC 4151 in einer ersten Serie im letzten Februar mit ca. 9 h Gesamtbelichtungszeit aufgenommen. Da das Feld interessant schien, legte er Ende Februar nach. Und in der Neumondphase im März folgte eine weitere Belichtungsserie. Insgesamt stecken jetzt mehr als 20 h Belichtung im Endergebnis. Teleskop war ein 14-zölliger Newton mit 1200 mm Brennweite. Mit einer Atik 460 EXm wurde wie folgt belichtet: Luminanz 67 x 10 min, RGB je 18 x 10 min. Der Autor schreibt dazu: "Zu einer Auswertung der Einzelheiten bin ich noch nicht gekommen."
Das machen wir jetzt gemeinsam. Die rund 11,5 mag helle NGC 4151 gehört der Klasse der Seyfert-Galaxien an, Typ Seyfert 1. Das besagt, dass der Galaxienkern den "aktiven Kernen" zugerechnet wird und ein "Schwarzes Loch" beherbergt. NGC 4151 ist eine sehr nahe gelegene Seyfert-Galaxie, daher wurde sie ausgiebig untersucht. Die Entfernungsangaben sind in der Literatur unterschiedlich, jedoch wird der Messwert von 19 Mpc als sehr genauer Messwert betrachtet. Hönig et al. (Nature 515, 528-530, 2014) konnten diese Distanz zum Schwarzen Loch interferometrisch mit Hilfe beider Keck-Teleskope bestimmen. Im Zentralbereich wurde ein Radio-Doppeljet entdeckt, der sich über etwa 3 Bogensekunden erstreckt. Ob dieser Jet auch optisch erfasst werden kann, konnte ich nicht herausfinden. In allen Wellenlängen zeigt NGC 4151 klare Schwankungen der Intensität. Innerhalb eines Zeitraumes von 100 Tagen wurden bereits Schwankungen um V ~ 1 mag gemessen (S.A. Shomshekova et al., Baltic Astr. 25, 275–279, 2016).
Was sieht man im AdW? NGC 4151 ist eine Balkenspirale. Der kleine Balken wird im AdW von gelblichen Wolken eingerahmt. Im Bulge erkennt man sehr leicht einige markante und hell leuchtende, große HII-Regionen, also findet kräftige Sternentstehung statt. Die Spiralarme sind eher unauffällig, keinesfalls prominent. Nach außen hin werden sie sehr lichtschwach. Misst man im AdW nach, so kommt NGC 4151 auf einen Durchmesser von 8,6 Bogenminuten. Das ist entschieden mehr, als in den üblichen Standardquellen zu lesen ist. So gibt Simbad (aus IR-Messungen) 2,563' x 2,076' an, im "Revised NGC and IC" nennt Wolfgang Steinicke schon erheblich mehr, nämlich 6,3' x 4,5'. Aber es geht eben nichts über sehr tiefe Belichtungen - wie hier im AdW von Gerald Willems!
Im Bildfeld sind einige andere Galaxien zu sehen. Da ist zunächst NGC 4156, diese markante Balkenspirale mit kräftigen Armen steht 5,2' nordöstlich von NGC 4151. Schon der Anblick sagt: NGC 4156 ist eine weit entfernte Großgalaxie. Aus ihrer Fluchtgeschwindigkeit von 6702 km/s folgt, dass sie rund siebenmal weiter weg steht als NGC 4151 mit 976 km/s. Etwa 8,5' östlich von NGC 4151 sehen wir eine zerzauste kleine, blaue Spiralgalaxie, UGC 7188. Ihre Radialgeschwindigkeit von 998 km/s zeigt, dass sie eindeutig ein Begleiter von NGC 4151 ist. Die "Zerzaustheit" der Spirale mit den vielen blauen Sternen und die lang herausgezogenen schwachen Spiralarme von NGC 4151 könnten als Hinweis angesehen werden, dass hier eine Wechselwirkung zwischen beiden vorliegt. Unten am Bildrand, 11,7' südlich von NGC 4151, bemerkt man schließlich noch eine kleine, kugelig-diffuse Galaxie. Das ist LEDA 2145586, die mit 916 km/s ebenfalls eindeutiger Begleiter von NGC 4151 ist. Vom Typus her wird sie als dEn gelistet, das ist ein elliptischer Zwerg mit hellem Kern. Ein interessantes Detail ist noch die kleine längliche Wolke, die sich über 2,7' nordnordwestlich von NGC 4156 erstreckt. Dieses lichtschwache Phänomen könnte ein lichtschwacher Spiralarm von NGC 4151 sein. Es könnte sich aber auch um ein Wechselwirkungsphänomen mit NGC 4156 handeln, denn die in dem lichtschwachen Streifen steckende LEDA 2151005 hat mit 6672 km/s eine sehr ähnliche Fluchtgeschwindigkeit wie NGC 4156, so dass beide in einem System stecken. Und noch ein Objekt ist im Feld verborgen: Bei den Pixelkoordinaten (2174/1366) liegt ein verwaschenes Fusselchen, das frappant an einen bisher noch nicht identifizierten, neuen Begleiter von NGC 4151 erinnert. Außer der automatisierten SDSS-Katalogisierung ist nichts über diese Galaxie bekannt.
Text zum Objekt und Belichtungsdaten: Peter Riepe
Gerald Willems ist schon seit vielen Jahren ein fester Bestandteil der deutschsprachigen Astrofotografieszene, und gehört zum Kreis derer, die uns regelmäßig Bilder zusenden. Die hier gezeigte Aufnahme hat es in sich, denn insgesamt flossen 20 h Belichtungszeit ins Endergebnis ein. Mehr als 10 Stunden fielen dabei alleine auf die Luminanzaufnahme. Diese langen Belichtungszeiten sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. In unseren Breiten benötigt man selbstverständlich mehrere Nächte, um eine solch lange Belichtungszeit zu realisieren. Letztendlich ist es also auch eine Frage der Geduld. Zwar kann man auf diese Art und Weise nicht sehr viele Objekte übers Jahr verteilt aufnehmen, man wird aber mit einem besonderen Bildeindruck belohnt. Die lange Belichtungszeit führt zu einer beachtlichen Tiefe, die nicht nur unzählige Hintergrundgalaxien zeigt, sondern auch schwächste Spiralarmausläufer dieser wunderschön geformten Galaxie. Hilfreich bei einem solchen Langzeitprojekt ist selbstverständlich eine fest aufgestellte Montierung oder gar eine Sternwarte. Aber auch mit einer mobilen Ausrüstung kann man Langzeitprojekte realiseren, wichtig ist es ja nur, dass man den Bildausschnitt einer einmal angefertigten Aufnahme wieder trifft. Dabei sind Aufnahmesoftwares hilfreich, die über ein sogennates Platesolving (astrometrische Lösung) verfügen. So kann man ein einmal aufgenommenes Bild astrometrisch vermessen, und den Bildausschnitt sowie den Kamerawinkel erneut punktgenau anfahren.
Zugute kommt der Aufnahme auch das Lichtsammelvermögen des verwendeten Teleskops, welches mit einer Öffnung von 14 Zoll schon recht groß für ein Amateuerteleskop ist. Leider ist die Auflösung der verwendeten Teleskop-Kamera-Kombination durch das vorherrschende Seeing stark limitiert. So fehlt der Aufnahme das letzte Bisschen Detailschärfe. Entgegenwirken könnte man dem Seeing mit einem Deconvolutionsfilter, der theoretisch den Effekt des Seeings zurückrechnet (einfach ausgedrückt). Verschiedene Softwares wie etwa CCDstack oder PixInsight verfügen über einen solchen Algorithmus. Alternativ (oder zusätzlich) dazu wäre es eine Überlegung wert, nur die schärfsten Aufnahmen zu einer Luminanz zu verrechnen, und daraus die Details zu gewinnen. Hier ist die Kreativität des Astrofotografen bei der Bildbearbeitung gefragt.
Wir gratulieren Gerald Willems zu dieser sehr tiefen Aufnahme, und natürlich zum AdW.
Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim
Koordinaten (J2000.0):
RA = 12 h 10 min 32.6 s, Dec = +39° 24´ 21´´
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