22. Woche - Der Mond im nahen „Ultrarot“
Vor 2 Wochen hatten wir die wenig dokumentierte „blaue Sonne“ gezeigt, heute sehen wir ein in der Vergangenheit auch eher selten gezeigtes AdW-Motiv: den Mond. Auf den ersten Blick sieht man es der Aufnahme nicht an, aber das Bild des 7,65 Tage alten Monds besteht aus insgesamt 75 Mosaikstücken, aufgenommen im „roten“ Licht.
Die Aufnahmen entstanden am 17. Januar 2016 bei -3,5°C Lufttemperatur in der Sternwarte des Autors Werner E. Celnik mit einem apochromatischen Refraktor mit 150 mm Öffnung der Marke Takahashi am Rande des Ruhrgebietes, genauer gesagt in Rheinberg bei Duisburg. Dazu wurde die Primärbrennweite von 1.100 mm mittels eines Flatfieldconverters (FFC) auf effektiv ca. 2.750 mm verlängert. Mit der Beobachtung wurde bereits direkt nach Sonnenuntergang begonnen, als der Mond hoch im Süden stand.
Für die einzelnen Videos des Mondes knapp nach dem 1. Viertel wurde ein „Infrarot- Kantenfilter“ verwendet, der nur Licht der Wellenlängen ≥ 685 nm durchlässt. Eigentlich spricht man auf der „roten“ Seite des Spektrums auch vom „Ultrarot“ im Gegenspiel zum „Ultraviolett“ auf der kurzwelligen blauen Seite des Spektrums. Die Empfindlichkeit der eingesetzten S/W-Kamera, einer DMK21AU618.AS der Marke The Imaging Source, sinkt für längere Wellenlängen von ≤ 830 nm auf unter 50%. Das Mondmosaik zeigt demnach hauptsächlich das Licht in einer Bandbreite von ca. 145 nm im Tiefroten. Man nutzt dieses Kantenfilter auch zur Unterdrückung der Luftunruhe, u.a. bei der Planetenfotografie. Aufgrund dieser Filterung wirkt der Mond auch etwas „hart“. Das Auflösungsvermögen der verwendeten Optik hängt allein von der Objektivöffnung und der Wellenlänge des Lichts ab. Nehmen wir die Lichtwellenlänge ab der Durchlasskante von 685 nm des Filters, dann ergibt sich eine theoretische Auflösung von 0,9 Bogensekunden (λ = 685 nm, D = 150 mm). Allerdings ist dies ein theoretischer Wert, der in der Praxis kaum erreicht wird.
Die Libration des Mondes von 5,4° ermöglichte die u.a. Beobachtung des Mare Humboldtianum, das über den Horizont im Mond-Nordosten rückte. Der Krater Compton ist allerdings noch jenseits des Horizonts. Interessant ist auch der westliche Mondhorizont: Das Mare Smythii zeigt eine deutliche Delle in der Rundung des Mondhorizontes, eine Einsenkung und die über den Horizont ragenden „Inselberge“. Man erkennt die dunklen Flächen im Krater Humboldt und die Rille im Krater Petavius. Auch zahlreiche weitere feine Rillen: die mit zu den schwierigsten zählende Rille im Alpental, jene im Umfeld des Kraters Triesnecker sowie die Hadley-Rille, zwischen dem Krater Archimedes und den Apenninen, wo am 30. Juli 1971 Apollo 15 landete. Die Fresnel-Rillen etwas weiter nördlich sind noch schmaler. Die „Lange Wand“ am Terminator wirft einen tiefen langen Schatten bis zum Krater Birt.
Der 2,2 km große Krater Linné mit seinem auffälligen hellen Hof im „Meer der Heiterkeit“ (Mare Serenitatis) ist gerade noch als solcher erkennbar. Mittels des wahren Durchmessers des Mondes von rund 3.475 km und einer zum Zeitpunkt der Aufnahme gegebenen Entfernung des Mondes zur Erde von 371.470 km ergibt sich für diesen Krater eine scheinbare Winkelausdehnung von ca. 1,2''.
Zur Aufnahmetechnik: Die Verstärkung der DMK21AU618.AS bei der Aufnahme der Videos wurde auf ¾ des Maximums der Kamera reduziert, der Gamma-Wert von ca. 120 sorgte für einen moderaten Kontrast bei 1/150 bis 1/250 s Belichtungszeit je Einzelbild. Bei 60 Bildern/s lief jedes der 75 Videos 2 Minuten (= 7.200 Bilder/Video). Bei der eingesetzten Öffnung und daraus resultierenden Auflösung der Optik sowie der Luftunruhe ist beim „Stacken“ noch nicht von einem relevanten Verschmieren von Details infolge der sich ändernden Lichtphase je Video zu rechnen. Zwischen dem ersten und dem letzten Video ergibt sich allerdings schon ein gewisser Versatz der Beleuchtungsphase, sodass das zusammengesetzte Mondmosaik keine „Momentaufnahme“ mehr ist. Bearbeitet wurden die insgesamt mehr als 540.000 Videobilder u.a. mit GIOTTO 2.21. Die besten 3% jedes Videos wurden mit AviStack 2 zu einem Summenbild „gestackt“. Das Mondmosaik wurde schlussendlich mit Photoshop CS2 zusammengefügt. Für die Bearbeitung der Bilddaten hat der Bildautor insgesamt 70 Stunden aufgewendet. Dafür gebührt ihm unser Respekt!
Text zum AdW: Jens Leich.
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