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22. Woche - Der Südbereich des Virgo-Galaxienhaufens um Messier 49

| Astrofoto der Woche

Das heutige AdW zeigt den Südbereich des Virgo-Galaxienhaufens um Messier 49. Der Bildautor, Michael Deger, ist Mitglied der VdS-Fachgruppe Astrofotografie. Ihm gelang dieses Motiv bereits am 20./21.04.2015 an seinem Heimatort Erdweg in Bayern auf 500 m Höhe. Aufnahmeteleskop war ein 4,5-zölliger Newton mit f = 440 mm, getragen von einer parallaktischen Montierung des Typs GM1000 HPS von 10Micron. Dazu wurde eine CCD-Kamera SBIG ST-8300M in Verbindung mit einem LRGB-Filtersatz von Baader verwendet. Die Belichtungszeiten: 39 x 8 min (L), 6 x 10 min jeweils für R, G und B. Die Gesamtbelichtungszeit von 8 h 12 min ist für das Öffnungsverhältnis von 1:3,9 schon recht kräftig. Zur Orientierung für diejenigen, die jetzt mit in die Details gehen: Das Bildfeld misst 135,5' x 101,5' und Norden liegt oben.

Wir sehen das Himmelsfeld erfüllt von etlichen Spiralgalaxien mit interessanter Form, dazu auch elliptische Galaxien. Am auffälligsten ist natürlich die Riesenellipse M 49. Ist sie wirklich riesig? Dazu nehmen wir einerseits die heute allgemein übliche Entfernung: das sind 60 Mio. Lichtjahre. Dann messen wir kurz die Galaxienfläche bei erhöhter Helligkeit/Kontrast: 15,9' in der Längsachse, 11,5' senkrecht dazu in der Breite. Das ergibt 277.000 Lj x 200.000 Lj - in der Tat eine bis in die schwächsten Haloausläufer imposante Ausdehnung!

Nun zum Zusatzbild 1. Darin sind alle Galaxien der Umgebung beschriftet. Auch der Kleinplanet Sarita (796) hat direkt nördlich von NGC 4466 seine Strichspur hinterlassen. Im Bild wird deutlich, dass M 49 schon eine große gravitative Wechselwirkung in Bezug auf die Nachbarn hat. So zeigt NGC 4488 in 27' Abstand nordöstlich von M 94 klar verformte Gezeitenarme (bei Anhebung von Helligkeit und Kontrast kommt das noch viel markanter zum Vorschein). Jetzt kommt die Frage: Ja, welche Galaxien im Bild gehören denn überhaupt zum Virgohaufen? Dazu jetzt kurz die Tabelle im Zusatzbild 2 durchsehen. Die Radialgeschwindigkeiten der individuellen Galaxien schwanken recht deutlich. Das ist für einen Galaxienhaufen aber normal. Diejenigen zwischen 389 und 2339 km/s dürften Haufenmitglieder sein. Zwei Exemplare fallen aber sofort auf, weil ihre Radialgeschwindigkeiten stark vom Mittel abweichen, das sind Zwicky 42-125 und NGC 4518. Beide stehen rund vier- bis fünfmal weiter weg als der Virgohaufen.

Ein wunderschönes Beispiel für gravitative Wechselwirkung wird in unmittelbarer Nähe von M 49 sichtbar: Die irreguläre Zwerggalaxie UGC 7636 = VCC 1249. Im AdW selbst wird sie als diffuser Fleck am südlichen Rand des Halos von M 49 sichtbar. Im Zusatzbild 3 erkennt man sofort, dass dieser Winzling eine eigenständige blaue Färbung aufweist (das liegt an der Farbzuordnung im SDSS, aus dem das Bild stammt). Das wäre doch einmal ein neues Motiv für die langbrennweitige Astrofotografie! Erst seit 2012 ist aus astrophysikalischen Messungen bekannt geworden (Arrigoni Battaia F. et al., 2012: Stripped gas as fuel for newly formed HII regions in the encounter between VCC 1249 and M49: a unified picture from NGVS and GUViCS; Astron. & Astrophys. 543A, p. 112), dass UGC 7636 eine Menge ihres eigenen Gases an M 49 abgibt. Dadurch werden auf der Verbindungslinie zum Kern von M 49 einige HII-Regionen mit Sternentstehung gebildet. Bisher konnten diese aber nur durch ihre starke UV-Strahlung nachgewiesen werden. Astrofotografen .... mal Schmalband H-alpha probieren???

Der Virgo-Galaxienhaufen (kurz: Virgohaufen) ist kein gleichmäßig rundes Gebilde. Die Astronomen sprechen grob von zwei Untersystemen (Binggeli et al., 1985). Danach erstreckt sich Haufen A bei etwa 12,5° Deklination um die elliptische Riesengalaxie M 87 mitsamt dem nördlicher gelegenen Bereich um M 84 und M 86, die ebenfalls elliptische Riesengalaxien in "Markarians Galaxienkette" darstellen. Südlich davon befindet sich bei etwa 8° Deklination der Haufen B, in dessen ungefährer Mitte bei M 49. Auch sie ist eine elliptische Riesengalaxie - kein Wunder, denn bekanntlich bilden sich vorzugsweise in den Zentren der großen Galaxienhaufen solche Riesengalaxien, und zwar aufgrund von Galaxienkollisionen und -vermengungen ("merger" genannt). Der Durchmesser des Virgohaufens insgesamt liegt in Binggelis Modell bei etwa 12°. Das ergibt für die 60 Mio. Lj Entfernung einen wahren Durchmesser von rund 12,6 Mio. Lichtjahren.

Anmerkung: Michael Deger hat hier ein technisch sauberes Astrofoto gefertigt. Dass Feldsterne in diesem Himmelsbereich keine auffälligen Farben aufweisen wie in der galaktischen Ebene, sollte allen Lesern klar sein. Michael, vielen Dank für dieses interessante und informationsreiche Bild. Dazu die Gratulation des AdW-Teams zum Astrofoto der Woche!

 

Peter Riepe
Bildautor: Michael Deger

 

Koordinaten (J2000.0) von M 49:
RA = 12 h 29 min 46,8 s, Dec = +08° 00' 01"

 

 



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