25. Woche - Messier 42 - ein Standardmotiv, aber gar nicht alltäglich!

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Heute wird wieder einmal ein Standardmotiv präsentiert, der Große Orionnebel M 42 mit M 43 und NGC 1977 nördlich davon. Bildautor ist Marcus Wienecke. Die Aufnahme entstand an zwei Abenden (04.03.2021 und 06.03.2021) in der Nähe von Stentrop/Bausenhagen bei Fröndenberg im nördlichen Sauerland. Zu diesem Zeitpunkt stand der Orion schon recht tief im Südwesten, so dass entlang der Linie Fröndenberg/Unna/Dortmund das Ruhrgebiet schon ein deutliche Aufhellung bewirkte. Aufnahmeteleskop war ein 150-mm-Hypergraph (Marke TS) mit 420 mm Brennweite, dazu eine CMOS-Farbkamera ZWO ASI294MC. Zur Verhinderung des nächtlichen Streulichts wurde kein Schmalbandfilter eingesetzt, allerdings ein 2-zölliger Idas-Filter P2. Der lässt laut Bildautor die Farben noch recht natürlich durch, was man auch an den Sternfarben sieht. Belichtet wurde 62 x 120 s. Aufnahmesoftware: Nighttime Imaging ‘N’ Astronomy ("NINA") und Platesolving. Das Bildfeld umfasst einen Winkel von 2° 32' x 1° 44' und hat Norden links, Osten unten.
Was zeigt uns das Bild? Dazu ein Ratschlag: Schauen Sie nicht nur das angeklickte Übersichtsbild an, sondern laden Sie am besten das Originalbild herunter. Dann erst werden die Feinheiten und die beschriebenen Pixelkoordinaten auch nachvollbar. Der hellste, auffälligste Bildbereich ist der M42-Komplex. Hier befindet sich in der Trapezregion (sie liegt etwa in der Bildmitte) ein zentrales Sternentstehungsgebiet mit eingebetteten jungen Sternen. Von daher kommt sehr schön das rote Leuchten des ionisierten Wasserstoffs zustande. Andererseits ist das leuchtende Gas auch mit sehr viel Staub durchsetzt, so dass zahlreiche bläulich gefärbte Nebelanteile vorhanden sind. Das ist einerseits der südliche Rand der schalenförmigen M42-Blase - rechts im Bild als girlandenförmiger Bereich erkennbar. Verursacher ist der offene Sternhaufen NGC 1980 bei den Pixelkoordinaten (2008/1060). Darin steckt als hellster Stern Iota Orionis, ein Doppelstern. Seine Hauptkomponente, ein Riesenstern, ist vom Spektraltyp O9. Auch der Begleiter ist ein Riesenstern vom Spektraltyp B8, beide sind also sehr blau. Eine weitere Zone mit hohem Staubanteil ist NGC 1977, wo der blaue Lichtschimmer sehr stark hervortritt und das aus dem Untergrund heraus glimmende Hα überlagert. Die Entfernung dieses Gebietes beträgt rund 1500 Lichtjahre.
Östlich von M 42/NGC 1977 (hier im Bild also unterhalb) der gesamten Region von NGC 1977 bis M 42 erstreckt sich ein riesiges Feld turbulent wirkender, girlandenförmiger Nebel. Sie sind von streifigen Dunkelwolken durchzogen. Auffällig ist am unteren Bildrand bei (1031/1742) ein kometarisch anmutendes Objekt. Dabei handelt es sich um den verdichteten Kern namens [SKN2015] AzTEC-Ori 615 in der Molekülwolke Orion A. Diese seltsame Bezeichnung geht auf die japanischen Astronomen Shimajiri, Kitamura und Nakamura zurück. Sie hatten die riesige Molekülwolke Orion A im mm-Wellenlängenbereich untersucht und 2015 einen Katalog über solche verdichteten Kerne publiziert. Bisher - ich spreche jetzt nur für mich – ist mir der leuchtende Gasbogen bei (215/1245) nie so recht aufgefallen. Hier befindet sich ein nicht ganz so hell leuchtender, aber dennoch klar definierter "bright rim". Er ist an die rechts davon beginnende Molekülwolke [KKY2004] 76 gekoppelt (Kim, Kawamura & Yonekura, 2004). Und wo liegt dann die ionisierende Quelle? Ursprung ist eindeutig der links (nördlich) außerhalb des Bildfeldes gelegene 3,8 mag helle O9-Stern Sigma Orionis.
Ein bemerkenswertes Objekt für sehr lange Brennweiten versteckt sich nahe am rechten unteren Bildrand bei (2747/1569). Was auf dem AdW wie ein Stern aussieht, ist der ca. 2 Bogenminuten große Reflexionsnebel NGC 1999, auch bekannt als [B77] 122 (kurz Bernes 122), DG 60 und LBN 979. Im Nebel steckt der 10,9-mag-Stern BD-06°1253, ein Herbig Ae/Be-Stern, der auch als Veränderlicher V380 Orionis katalogisiert ist. Direkt neben dem Stern erscheint eine dunkle Höhle, die im AdW zwar angedeutet ist, aber eher als Artefakt gedeutet werden könnte, weil dieses Detail nicht strukturiert herauskommt. Das PanSTARRS-Archiv liefert ein bemerkenswertes Zusatzbild von 5' Kantenlänge, zusammengesetzt aus den nahinfraroten Filterbereichen i, z und y. Auf den ersten Blick scheint hier eine dunkle Staubwolke im Vordergrund zu stehen. Jedoch glauben Stanke, Stutz, Tobin et al. hier ein echtes Loch im Nebel nachweisen zu können (Astron. & Astrophys. 518, id. L94, 5 pp. (7/2010)).
Anmerkungen: Selbst wenn die Bedingungen zum Aufnahmezeitpunkt nicht ideal waren - das Ergebnis ist beachtlich! Hier konnte zweifelsohne die lichtstarke Aufnahmeoptik mit der Blende 2,8 ihre hervorragende Stärke ausspielen, denn Belichtungszeiten von gut 2 Stunden sind ja in der Deep-Sky-Fotografie eher Kurzzeitbelichtungen. Beeindruckend treten schwache und schwächste Nebel aus dem Hintergrund hervor, und das ohne die Verwendung eines Hα-Filters. Dabei sind alle Sternfarben überzeugend – von orange bis satt blau. Was haben die Farbkameras von ZWO ASI doch für eine Leistungsstärke!!! Da spielt dann nicht nur die Kühlung eine Rolle, sondern darüber hinaus auch noch die hohe Quanteneffizienz von 75% des Chips der Kategorie "back illuminated".
Eine Kleinigkeit sei angemerkt: In den Grenzzonen zwischen helleren und dunkleren Bildpartien kommt noch der Übergang zwischen entrauschten und rauschenden Zonen hervor. Dies lässt sich bei künftigen Aufnahmeserien aber durchaus vermeiden.
Insgesamt eine überzeugende Aufnahme! Das AdW-Team bedankt sich und gratuliert ganz herzlich zum Astrofoto der Woche.
Peter Riepe
Bildautor: Marcus Wienecke
Koordinaten (J2000.0) von M 42:
RA = 05 h 35 min 17,3 s, DE = -05° 23' 28''
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