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25. Woche - Omega Centauri – eine Version aus Chile

| Astrofoto der Woche

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Bernd Dörfeldt, Mitglied der VdS-Fachgruppe Astrofotografie, zeigt uns heute ein wunderbares Bild des Kugelsternhaufens Omega Centauri. Aufnahmeort war das Observatorium El Sauce in Chile, wo die Aufnahmeserie remote (Telescope Live) entstand. Der Aufnahmezeitraum erstreckte sich über mehr als drei Monate, vom 05.04. bis zum 29.07.2021. Das Teleskop lässt jeden Astrofotografen träumen: ein Planewave CDK 24, dazu eine CCD-Kamera des Typs FLI PL 9000 mit Filterrad und LRGB-Filtern von Astrodon. Bei 600 mm Öffnung und 3.900 mm Brennweite erreicht diese Optik ein Öffnungsverhältnis von 1:6,5 - oder heute auch gebräuchlich: eine Apertur von f/6,5. Belichtet wurde das LRGB-Bild insgesamt 8,5 Stunden, im Detail: 8 x 600 s + 10 x 300 s für L, 8 x 600 s + 11 x 300 s für R, 6 x 600 s + 10 x 300 s für G und 8 x 600 s + 11 x 300 s für B. Die Bearbeitung erfolgte mit PixInsight und Photoshop. Das hier gezeigte Aufnahmefeld misst 31,3' x 31,2'. Dabei liegt Norden oben, Osten links.

Omega Centauri (= NGC 5139) gehört ohne Zweifel zu den Klassikern des Südhimmels. Was kann man bezüglich seiner astrophysikalischen Eigenschaften aus der Fachliteratur lernen? Dazu darf ich empfehlen: W.E. Harris „Catalog of Parameters for Milky Way Globular Clusters. The Database”, 2003. Dieser Katalog basiert auf W.E. Harris, Astronomical J. 112, 1487 (1996) und wird von Zeit zu Zeit aktualisiert. Hiernach beträgt die heliozentrische Entfernung von Omega Centauri 17.300 Lichtjahre. Die Gaia-Daten ergeben mit 16.900 Lichtjahren ein sehr ähnliches Resultat. Kritisch bei Kugelsternhaufen ist die Angabe des Durchmessers. Das Problem, welches allseits bekannt sein dürfte: Man erkennt keine direkte Außengrenze, weil die Sternendichte des Haufens sachte und ohne Übergang in die Sternendichte des galaktischen Vordergrundes übergeht. Astrophysiker haben dennoch Messgrößen entwickelt, die auf Sternzählungen basieren. In einer solchen Sternzählung bis zur 20. Magnitude wurde am Harvard Observatory ein scheinbarer Durchmesser von 95´ ermittelt. Das käme bei der genannten Entfernung einem wahren Durchmesser von 480 Lj gleich. Gern geben die Astrophysiker auch den so genannten „Gezeitenradius” an. Das ist vom Haufenmittelpunkt aus gesehen der Abstand, bis zu dem Sterne gravitativ im Haufen gehalten werden können. Harris gibt einen Gezeitenradius von 57' an, so dass der Gezeitendurchmesser von Omega Centauri 114' beträgt, das sind 574 Lichtjahre. Damit gehört Omega Centauri zu den Riesen unter den Kugelsternhaufen. Er ist etwa 4-mal größer als M 13, allerdings gibt es auch noch größere Kugelsternhaufen wie z.B. den „intergalaktischen Wanderer” NGC 2419, der Omega Centauri noch in den Schatten stellt.

Omega Centauri ist mit etwa 3 Millionen Sonnenmassen sehr massereich und umfasst darüber hinaus auch einige verschieden alte Sternpopulationen. So kam die Vermutung auf, Omega Centauri sei gar kein echter Kugelsternhaufen, sondern der Rest einer ehemaligen bereits von der Milchstraße zerstörten Zwerggalaxie. Das ist nichts Neues, denn etwas Ähnliches kann bei der Zwerggalaxie Sagittarius Dwarf beobachtet werden. Sie ist derzeit dabei, sich mit der Milchstraße zu vermengen. Und sie besitzt auch einen riesigen zentralen Kugelhaufen, nämlich M 54. Er und Omega Centauri sind übrigens fast gleich in ihrer Leuchtkraft.

Omega Centauri bietet unter allen Kugelhaufen eine Besonderheit. Die Haufensterne sind bezüglich ihres Alters und Metallgehaltes offenbar zu verschiedenen Zeiten entstanden. Das beweisen tiefe Fotometrien und die daraus abgeleiteten Farbenhelligkeitsdiagramme. Zu diesem Thema gab es im Verlauf der letzten 30 Jahre mehrere Fachpublikationen. Wer sich dafür interessiert, dem sei empfohlen: S. Villanova et al. (2007), The multiplicity of the subgiant branch of ω Centauri: evidence for prolonged star formation; Astrophys. J. 663, p. 296-314. Von diesen Astronomen wurden mindestens vier unterschiedliche Episoden der Sternentstehung gefunden.

Schauen wir jetzt einmal ins Innere von Omega Centauri. Dazu bitte das Original herunterladen (siehe unten). Zunächst einmal ist die Seitenlänge des Bildfeldes rund 31' groß. Die weiter oben besprochene Haufenausdehnung von mindestens 95' zeigt, dass im AdW nur der innerste Bereich des Kugelsternhaufens erfasst ist. Im AdW sind die verschiedenen Sternpopulationen zu erkennen (siehe Zusatzbild 1). Orange erscheinen die hellsten Haufenmitglieder, die so genannten „Roten Riesen“. Dann zeigt uns dieser Ausschnitt auch zahlreiche verstreute Sterne mit weißlichblauer bis kräftig blauer Farbe. Wir erkennen am Zusatzbild 1, dass die Sterne dieser Population fast gleiche Helligkeiten besitzen – das gilt sogar für den gesamten Kugelsternhaufen. Wir erkennen auch noch, dass sie etwa 2 bis 3 mag lichtschwächer als die Roten Riesen sind. Während die Roten Riesen jedoch Wasserstoff durch inneres Schalenbrennen zu Helium fusionieren und so Energie erzeugen, haben die blauen Sterne ihren Wasserstoffvorrat schon längst verbraucht. Inzwischen fusionieren sie Helium zu schweren Elementen (z.B. Sauerstoff, Stickstoff und Kohlenstoff). Nachdem der Astronom die Sterne eines Kugelhaufens fotometriert hat, erstellt er aus den fotometrischen Daten ein so genanntes „Farbenhelligkeitsdiagramm“. Darin bilden die weißlichen bis blauen Sterne eine horizontal verlaufende, relativ gerade Linienanordnung, die der Astronom als „Horizontalast“ bezeichnet. Von daher hat sich für die weißblauen bis blauen Heliumbrenner die Bezeichnung HB-Sterne und BHB-Sterne durchgesetzt (HB = horizontal branch = Horizontalast, BHB = blue horizontal branch = blauer Horizontalast). Und die Sterne des Horizontalastes werden demzufolge konsequenterweise als „Horizontalaststerne“ bezeichnet, die blauen als „Blaue Horizontalaststerne“.

HB-Sterne und BHB-Sterne sind sehr heiß – daher weißlich bis blau – aber sie sind nicht jung, wie man es von den jungen O-Sternen in der Milchstraße kennt, sondern uralt wie auch die Roten Riesen. In jedem Kugelsternhaufen – nicht nur in Omega Centauri – gibt es solche blauen und heißen, aber uralten HB- und BHB-Sterne.

Anmerkungen: Der Astrofotograf interessiert sich auch dafür, welche Sterngrenzgröße er erzielen konnte. Nun ist ein Kugelsternhaufen ein Sammelsurium von Hunderttausenden einzelner Sterne. Ich habe den locker aufgebauten Außenbereich untersucht und aus der Datenbank Simbad schwache Sternchen herausgesucht, die in B und V fotometriert wurden und die im AdW noch gut erkennbar sind. Das Zusatzbild 2 zeigt einen weiteren Ausschnitt aus dem nördlichen Haufenbereich. Darin sind für vier Sterne die V-Helligkeiten eingetragen. Daraus lässt sich jetzt keine konkrete Zahl für die Grenzhelligkeit erkennen, aber es wird deutlich, dass die Grenze bei etwa V = 22 mag liegt.

Die Sternfaarben sind einer LRGB-Aufnahme angemessen. Und eines ist sinnvoll: Die Sättigung der Sternfarben wurde ein wenig erhöht. Dadurch kommen die unterschiedlichen Populationen des Kugelsternhaufens gut zur Geltung.

Ein dickes Dankeschön für diese feine Aufnahme, und die Gratulation zum gelungenen Astrofoto der Woche.

 

Peter Riepe
Bildautor: Bernd Dörfeldt

 

Koordinaten von Omega Centauri (J2000):
RA = 13 h 26 min 47,3 s, DE = -47° 28' 46''

 

 

 

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