27. Woche - Nebel im Skorpion

Der Skorpion ist für seine Reichhaltigkeit an Deep-Sky-Objekten bekannt. Unser AdW zeigt in der Bildmitte den Zentralbereich des Skorpions. Langgezogene Dunkelwolken laufen nach Osten zum angrenzenden Sternbild Ophiuchus. Rechts sind von oben nach unten die Scherensterne zu sehen. Wir beginnen beim 4 mag hellen ν Sco (Ny Scorpii, Spektraltyp B). Er wird von dem blauen Reflexionsnebel IC 4592 eingehüllt. Dieser Nebel, aufgenommen mit längerer Brennweite, wurde bereits 2012 vorgestellt (siehe AdW-Archiv www.astronomie.de/aktuelles-und-neuigkeiten/astrofoto-der-woche/archiv/, Juli 2012 anklicken, nach unten scrollen auf Woche 28). Um den Scherenstern δ Sco (Delta Scorpii, Spektraltyp B0 und 2,3 mag hell) erstreckt sich eine rötlich schimmernde HII-Region von etwa 3,5° Ausdehnung. Die zugrunde liegende Wasserstoffwolke setzt sich bis zum Stern π Sco fort (Pi Scorpii, Spektraltyp B1 und 2,9 mag) und bildet dort eine gut 1° große, schwach rot leuchtende Emissionszone.
Im Skorpionkörper sticht der blaue Reflexionsnebel IC 4604 ins Auge. Er umgibt den 4,6 mag hellen blauen B2-Stern ρ Oph (Rho Ophiuchi), ein Mehrfachsystem. Zoomt man ins Bild hinein, erkennt man die Begleitsterne C und D, A und B werden in diesem Bild nicht aufgelöst. Etwas weiter südlich steht der 7,9 mag helle B2-Stern HD 147889. Dicht daran (nordwestlich) befindet sich ein 10,5 mag heller T-Tauri-Stern, der Beweis für eine kürzlich stattgefundene Sternentstehung. HD 147889 lässt den mit dunklen Strähnen durchsetzten Reflexionsnebel GN 16.22.4 aufleuchten. Südöstlich davon sehen wir den kleinen blauen Reflexionsnebel IC 4605, der den blauen B3-Stern 22 Scorpii von 4,8 mag umgibt.
Im rechten Teil des Skorpionzentrums liegt der 2,9 mag helle B1-Riese σ Sco (Sigma Scorpii). Er erzeugt gerade genügend UV-Energie, um die längliche HII-Region Sh2-9 zu ionisieren und sie zur Hα-Emission anzuregen. Der Hauptstern Antares, ein orangefarbener Riese vom Spektraltyp M1,5 und 0,9 mag hell, erleuchtet ebenfalls einen Nebel. Dieser heißt IC 4606 und ist nun kein blauer, sondern ein orangefarbener Reflexionsnebel, sogar mit internen Strukturen. Der kleine helle Kreis direkt um Antares ist jedoch ein Reflex, der mit dem Nebel selbst nichts zu tun hat. Zwischen Antares und der HII-Region Sh2-9 findet man die beiden Kugelsternhaufen Messier 4 und den kleineren NGC 6144.
Etwa 2,25° südöstlich von Antares steht der 2,8 mag helle τ Sco (Tau Scorpii). Er erzeugt als B0-Stern wieder soviel UV-Energie, dass Wasserstoff ionisiert wird. Von daher erstreckt sich um ihn herum auch der bemerkenswerteste Gasnebel dieses Bildes, eine ausgedehnte HII-Region von fast 4° Durchmesser. In unseren mitteleuropäischen Breiten steht sie extrem tief und fällt daher kaum auf. Das Objekt ist von der Form her nahezu eine Kugel. Astronomen nennen eine kugelförmige HII-Region „Strömgren-Sphäre“.
Das aktuelle AdW wurde von Franz Gruber eingeschickt. Er nahm dieses wunderschöne Motiv im Frühjahr dieses Jahres in Namibia auf. Bei einem Aufenthalt auf der Farm Kiripotib benutzte er ein 100-mm-Objektiv von Canon bei Blende 4, dazu eine auf -20°C gekühlte CCD-Kamera SBIG STL-11000. Dabei leistete Rolf Scheffer eine liebevolle und fachlich hervorragende technische Betreuung. Belichtet wurde wie folgt: RGB jeweils 10 x 5 min, dazu Hα (nicht: Ha !) 8 x 5 min, also insgesamt 3 h und 10 min an Belichtungszeit. Dem Astrofotografen sollte eines klar sein: Durch das zusätzliche Einbringen der Hα-Belichtungen werden die roten Emissionsnebel im Vergleich zum Sternenhimmel und zur Farbe der Milchstraßenwolken viel intensiver und röter als im reinen RGB-Bild. Aber darauf genau kam es dem Bildautor hierbei an – die teilweise wenig bekannten HII-Regionen möglichst deutlich herauszuarbeiten. Kommentar des AdW-Teams: Ein sehr gelungenes Ergebnis!
Objektkoordinaten (2000.0):
RA = 16 h 29 min 24 s, DEK = -26° 25' 55"
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