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29. Woche - Ein Klassiker im Großen Bären – M 81 und M 82

Fotografiert von: Péter Kurucz | | Astrofoto der Woche

Das prominente Galaxienpaar M 81 und M 82 repräsentiert das Zentrum der M 81/82-Gruppe, die noch zahlreich Zwerggalaxien umfasst. Beide Galaxien, 1774 von J.E. Bode in Berlin entdeckt, haben am Himmel eine scheinbare Distanz von 36,9´. Setzen wir für M 82 die gleiche Entfernung wie für M 81 voraus (rund 11,8 Mio. Lj), so entspricht das einem wahren Abstand von nur ~130.000 Lj. M 82 steht also näher an M 81 als die Große Magellansche Wolke von der Milchstraße entfernt ist. Das reale Zentrum der M 81-Gruppe liegt aber nicht, wie man meine könnte, zwischen M 81 und M 82. Diese komplexe Gruppe, bestehend aus rund 60 Einzelgalaxien, hat ihren Schwerpunkt vielmehr etwa 2° südwestlich der beiden Hauptgalaxien. Die M 81-Gruppe ist vergleichbar mit der Lokalen Galaxiengruppe, in der M 31 und die Milchstraße – beide ebenfalls von Zwergen umgeben – dominieren.

Das heutige AdW wurde von Péter Kurucz eingeschickt. Bei einem Bildmaßstab von 1,034 arcsec/px zeigt es ein 69' x 39' großes Bildfeld. Osten liegt oben, Norden rechts. Der Bildautor hat innerhalb von 9 Monaten sein gesamtes System umgestellt. Abgesehen vom Umbau des Teleskops hat er von der Spiegelreflexkamera Canon 700D auf eine ASI 1600 MM Pro der Firma ZWO gewechselt. Statt mit Photoshop wird jetzt mit PixInsight gearbeitet - eine gute Entscheidung. Mehr dazu ist im technischen Kommentar zu lesen. Das Bild nahm der Autor zwischen dem 5. und 12. Mai dieses Jahres in seinem Garten im Wohnort Wurmberg (Baden-Württemberg) auf. Teleskop war ein 8-Zoll-GSO. Für LRGB wurden die Einzelbilder mit 40, 50 und 120 Sekunden belichtet, insgesamt 4 h 9 min. Hinzu kam während eines Kurzurlaubs in Ungarn eine 2,5-stündige Hα-Belichtung (Astronomik-Filter mit 12 nm HWB), 3 min pro Einzelaufnahme. Insgesamt wurden es also 6 h 39 min für die erste Schmalbandaufnahme des Autors in HαLRGB-Kombination.

M 81 ist eine der wenigen nahegelegenen, großen Galaxien außerhalb der Lokalen Gruppe. Ihr scheinbarer Durchmesser beträgt 26,9' x 14,1'. Das entspricht einem wahren Durchmesser von ca. 90.000 Lichtjahren. Allerdings lässt sich hier im AdW ein etwas größerer optischer Durchmesser nachweisen: 29' x 12,8'. Das wundert niemanden, denn heutige Deep-Sky-Aufnahmen reichen stets sehr tief, so dass die alten Tabellenwerte längst überholt sind. Die 7,9 mag helle Spiralgalaxie vom Typ SA(s)ab besticht durch einen hellen gelben Kern in einem ausgedehnten Bulge. Alles wird von verhältnismäßig symmetrisch angeordneten, dünnen Spiralarmen umgeben. Ganz weit außen im Norden läuft ein sehr lichtschwacher Spiralarm um M 81 herum und knickt nach Südwesten ab. Im Süden und im Osten gibt es ähnlich lichtschwache Gebilde, die real zu M 81 gehören. Nicht verwechselt werden dürfen sie mit dem galaktischen Zirrus, der ebenfalls sehr schwach das Aufnahmefeld durchzieht. Diese Arme abzubilden, erfordert wegen ihrer blauen Eigenfarbe und Lichtschwäche einen dunklen Himmel, frei von Streulicht. Zwischen Bulge und den Spiralarmen entdeckt man ausgedehnte Komplexe von Dunkelwolken. In den Spiralarmen gibt es viele kleine diffuse Flächenobjekte. Es handelt sich um zahlreiche blaue Sternassoziationen und rot leuchtende H II-Regionen, die eine aktive Sternentstehung belegen.

Die 11,2' x 4,3' große M 82 ist keine „edge-on-Galaxie“, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte, sondern ein irregulärer Typ. M 82 kommt lediglich auf einen wahren Durchmesser von 37.000 Lj und ist damit nur etwa 20% größer als die Große Magellansche Wolke. M 82 wird auch als Prototyp der „amorphen“ (= strukturlosen) Galaxien bezeichnet. Sie gleicht in ihrer Form einer Zigarre und ist in ausgedehnte Staub- und Gasmassen gehüllt, die das amorphe Aussehen noch unterstreichen. Durch diese Materie wird das Licht der enthaltenen Sterne gestreut, was wiederum für eine hohe Flächenhelligkeit und damit auch für leichte Beobachtbarkeit sorgt. Weiterhin gibt es viele dunkle Staubwolken, die M 82 durchkreuzen. Auf länger belichteten Aufnahmen wie hier im AdW werden bei gleichzeitiger Benutzung eines Hα-Filters kräftige, rot leuchtende Hα-Filamente sichtbar, die vom Zentrum weit nach außen reichen. Von Supernova-Explosionen angetrieben, expandieren diese Wasserstoff-Fetzen mit hoher Geschwindigkeit. Sie zeigen an, dass sich im Inneren der Galaxie erst kürzlich ein Ausbruch heftiger Sternentstehung („Starburst“) abgespielt hat. Dieser war nur möglich, weil beim letzten nahen Vorübergang von M 81 große Mengen an Gas aus dem intergalaktischen Bereich ins Innere von M 82 geleitet wurden. Wie Beobachtungen mit Radioteleskopen zeigen, ist das Gebiet zwischen M 81, M 82 und der unmittelbaren Nachbarn NGC 3077 und NGC 2976 (hier nicht im Bild) von riesigen Mengen neutralen Wasserstoffs erfüllt. Er ordnet sich in Fahnen und Bögen an, als Beweis für eine Wechselwirkung aller genannten Galaxien. Dieser letzte Starburst begann vermutlich vor etwa 200 Millionen Jahren. Er hat jedoch bis vor kurzem angedauert, denn die jüngsten Sternpopulationen sind nur etwa 5 Millionen Jahre alt. Weitere klare Hinweise auf einen Starburst sind die zahlreichen „Supersternhaufen“ im Zentrum von M 82. Es handelt sich um einen Schwarm junger Kugelsternhaufen von durchschnittlich 4 Millionen Sonnenleuchtkräften - heller als jeder Kugelsternhaufen in der Lokalen Gruppe. Zum Vergleich: Die Kugelsternhaufen unserer Milchstraße sind etwa 10 bis 13 Milliarden Jahre alt! Gleichwohl konnten im M 82 auch wesentlich ältere Kugelsternhaufen nachgewiesen werden, ein Zeichen dafür, dass Sternentstehungsausbrüche zu unterschiedlichen Zeiten stattgefunden haben.

M 82 ist trotz ihrer 9,3 mag einfacher zu beobachten als M 81, denn ihre mittlere Flächenhelligkeit ist mit 21,2 mag pro Quadratbogensekunde höher als die von M 81 (22 mag pro Quadratbogensekunde). Infolgedessen ist der Anblick von M 82 mit den durchsetzten dunklen Staubwolken in einem leistungsfähigen Teleskop beeindruckender als der Anblick von M 81, deren Spiralstruktur nur bei ausgezeichneten Bedingungen wahrnehmbar ist.

Auf zwei Zwerggalaxien möchte ich noch hinweisen. Sehr bekannt ist Holmberg IX, ein irregulärer, magellanscher Typus. Der Zwerg liegt 10,6' östlich von M 81 (also hier nach oben). Holmberg IX hat hier im Bild eine Ausdehnung von 4,6' x 1,8' (Simbad: 2,5' x 2'). Ganz außen ist eine H II-Region von Holmberg IX bei den Pixelkoordinaten (853/460) zu bemerken, dazu das Originalbild aber erst herunterladen. Und wer hat schon etwas von BK 3N gehört? Dieser winzige Begleiter von M 81 bekam später auch die Bezeichnung LEDA 28529 aus der Lyoner extragalaktischen Datenbank. Entdeckt wurde der klumpig aufgebaute Zwerg 1968 von Valentina Karachentseva, der Ehefrau unseres TBG-Mitglieds Prof. Igor Karachentsev. Wir finden das Fusselchen bei den Pixelkoordinaten (549/1736). Die Ausdehnung von BK 3N wird in Simbad zu 0,12' angegeben. Tatsächlich messen wir hier im AdW jedoch fast das Dreifache, nämlich 20''.

Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe

 

Spiegel oder Linse? Das ist eine der elementarsten Fragen unter Amateurastronomen, so auch unter den Astrofotografen. Stundenlange Diskussionen darüber gibt es auf Teleskoptreffen, in Vereinen oder in den Internetforen, und eine wirklich allumfassende Antwort wurde bis heute nicht gefunden. Peter Kurucz hat für diese Aufnahme einen Spiegel benutzt, genaugenommen ein Teleskop des Herstellers GSO, welches er modifiziert hat, um einen wirklichen Astrografen zu bekommen. Ein Spiegelteleskop in Kombination mit einem sehr guten und auf die Astrofotografie getrimmten Korrektor ist ein ausgezeichnetes Teleskop für die Astrofotografie. Wenn man dann in der Lage ist mechanische Schwachstellen des Tubus zu lokalisieren und entsprechende Modifikationen vor zu nehmen, wird man mit einer hervorragenden Abbildungsleistung belohnt, was man der hier gezeigten Aufnahme auch ansehen kann. Die Frage was nun besser ist, Spiegel oder Linse, ist damit aber immer noch nicht geklärt, soll an dieser Stelle auch nicht weiter vertieft werden.

Péter Kurucz schreibt uns, dass er noch andere Maßnahmen und Veränderungen in seinen bisherigen Arbeitsabläufen ergriffen hat, die letztendlich in dieser Aufnahme mündeten. Eine neue Kamera kam zum Einsatz (die ASI ZWO 1600, über die wir im vorletzten AdW bereits berichteten), und die Softwares sowohl für die Bildaufnahme als auch für die Bildbearbeitung wurden verändert. Als Aufnahmesoftware kam Sequenz Generator Pro zum Einsatz, eine sehr bemerkenswerte Software, die im deutschsprachigen Raum noch nicht sehr verbreitet ist. Im Gegensatz zu anderen Softwares erlaubt es SGP Sequenzen zu erstellen, die fast vollautomatisch Objekte anfahren, fokussieren und aufnehmen. Es ist darüber hinaus möglich mehrere Objekte in einer Nacht gleichzeitig anzufahren, was nach verschiedenen Kriterien (z.B. der Uhrzeit) geschehen kann. Die Software erscheint zunächst komplex, wenn man aber erst die richtigen Parameter für seine Ausrüstung gefunden hat, erleichtert sie einem die Prozedur der Aufnahme ungemein. Vor allem die automatische Fokussierung muss hier erwähnt werden, die m.E. deutlich einfacher erfolgt als bei anderen Autofokussystemen.

Wir gratulieren Peter Kurucz zu seinen Umstrukturierungsmaßnahmen, zum gewonnenen Bild und natürlich zum AdW.

Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim

 

Koordinaten:

M 81:   RA = 09 h 55 min 33,2 s, Dek = +69° 03´ 55´´
M 81:   RA = 09 h 55 min 52,4 s, Dek = +69° 40´ 47´´

 

Sie haben Fragen oder Anmerkungen? Kontakt zum AdW-Team: fg-astrofotografie@vds-astro.de. Kontakt zum Bildautor: Dazu klicken Sie einfach oben auf den Namen. Sie können auch den Namen des Autors anklicken (rechte Maustaste) und dann die Mailadresse kopieren.

 

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