3. Woche - Zwei Planetarische Nebel am Winterhimmel

Im „Strasbourg-ESO Catalogue of Galactic Planetary Nebulae“ (siehe letztes AdW 02/2012) sind die Planetarischen Nebel NGC 1501 und NGC 1514 als PN G144.5+06.5 und PN G165.5-15.1 verzeichnet. Der erste befindet sich im Sternbild Camelopardalis (Giraffe), er misst 52´´. Der zweite ist 132´´ ausgedehnt und steht im Taurus (Stier), sehr nahe an der Grenze zum Perseus. Beiden PN ist eines gemeinsam: die blaugrüne Farbe. Was hat es damit auf sich?
Jeder PN stellt die ausgestoßene Hülle eines heißen Sterns dar. Dieser Stern ist vermutlich dabei, sich in einen Weißen Zwerg zu verwandeln, also im Endstadium seiner Entwicklung. Alle Sterne, die einen PN um sich haben, weisen sehr hohe Temperaturen auf – bis zu 100.000 K. Daraus folgt, dass sie wie die O-Sterne eine starke Strahlung im ultravioletten Licht aussenden und deshalb die umgebende Nebelhülle zum Leuchten anregen. Es gibt also grundsätzlich nur blaue Zentralsterne für einen PN, nie einen weißen, gelben oder gar roten Stern! Falls ein Zentralstern doch weiß oder gelb erscheinen sollte, dann wird er durch vorgelagerte interstellare Materie „gerötet“.
Ein ionisierter PN sendet verschiedene Emissionslinien aus. Befindet er sich in einem hohen Anregungszustand, so können wir die Emission von [O III] wahrnehmen, als blaugrünes Licht der Wellenlänge 495/501 nm. Ist der Anregungszustand des PN gering (d.h. der Zentralstern vermittelt dem Nebel nur wenig Anregungsenergie, so strahlt der PN überwiegend im Licht des Wasserstoffs. Aber: ionisierter Wasserstoff emittiert nicht nur die rote H-Alpha-Linie bei 656 nm, sondern auch die blaue H-Beta-Linie bei 486 nm, die violette H-Gamma-Linie bei 434 nm und etliche mehr. Die H-Alpha-Linie ist jedoch bei weitem die stärkste Wasserstofflinie. Im ungestörten Zustand (d.h. wenn kein interstellares Material den PN verdeckt) ist H-Alpha etwa 3-mal so stark wie H-Beta. Für den Astrofotografen ist H-Alpha von Bedeutung, im Falle visueller Beobachtungen zählt die blaue H-Beta-Linie, weil das Auge H-Alpha bei schwachen Nebeln nicht wahrnehmen kann.
In NGC 1514 ist die [O III]-Linie mehr als doppelt so stark wie die H-Alpha-Linie. Der PN wird also durch [O III] dominiert. Wenn ein „Experte“ unter den Astrofotografen jetzt NGC 1514 zusätzlich im Schwefellicht [S II] aufnehmen möchte, wird er enttäuscht sein: in dieser Linie strahlt der PN nur 0,2% seines Lichts aus – so gut wie nichts! Sehr ähnlich verhält es sich mit NGC 1501, so dass nun klar ist, warum beide blaugrün leuchten.
Der Zentralstern von NGC 1501 hat B = 15,17 mag und V = 14,39 mag. Sein Farbindex B-V = 15,17 mag – 14,39 mag = 0,78 mag (weißgelb). Der ursprünglich blaue Stern wird also durch die Nebelmaterie „gerötet“. Um ihn visuell wahrzunehmen, ist schon eine teleskopische Öffnung von 150 bis 200 mm nötig. Viel heller ist der Zentralstern von NGC 1514. Er kommt auf B = 9,93 mag und V = 9,42 mag. B-V ist demnach 0,51 mag, das ist weißbläulich (also auch röter als das ursprüngliche Blau).
Bildautor Stephan Küppers ist neu in unserer AdW-Runde. Wir begrüßen ihn mit einem kräftigen „Hallo“. Er hat NGC 1501 im November 2011 mit einem 250-mm-Newton f/4,5 aufgenommen, belichtet 420 x 30 s bei ISO 1600 mit einer modifizierten Canon 500D ohne Autoguiding. Für die Luminanz kamen 1000 x 4,8 s mit einer DMK21 hinzu. Das bringt Detailschärfe! Im Oktober 2011 wurde NGC 1514 mit 750 x 30 s belichtet, ebenfalls mit der Canon 500D bei ISO 1600.
RA = 04 h 06 min 59 s, DEK = +60° 55´ 14´´
RA = 04 h 09 min 17 s, DEK = +30° 46´ 33´´
Lösung zur Kniffelaufgabe AdW 02/2012
Zur Lösung der zweiten Kniffelaufgabe zum Thema Farben von Abell 84 kam wieder nur eine Lösung - wieder von Jens Leich und wieder richtig.
Wer wissen möchte, wie man die Farbe des PN im Zentrum einfach bestimmen kann, der klicke (hier).