32. Woche - Abell 28 – ein lichtschwacher Planetarischer Nebel

Es sind inzwischen 52 Jahre vergangen, dass G.O. Abell seine Arbeit „Properties of some old Planetary Nebulae“ publizierte. Nichts hat die Amateure daran gehindert, weiterhin auf Abells Spuren zu verweilen und die Planetarischen Nebel seiner Liste weiter mit Freude abzulichten. So auch in diesem AdW, da stellt uns Kai Wicker aus Bremen eine sehr tief belichtete Aufnahme von Abell 28 vor. Im Februar 2018 nutzte er seinen Skywatcher Esprit 100 ED (f/5,5), um mit einer Atik 383 L+ insgesamt 17 h 50 min an Belichtungszeit in HαRGB aufzuwenden. Das Bildfeld von 84' x 84' zeigt Norden oben. Näheres zur Technik beschreibt unten Frank Sackenheim.
Dieser PN, der auch die Bezeichnung PN G158.8 + 37.1 im Strasbourg-ESO Catalogue of Galactic Planetary Nebulae trägt, befindet sich im Großen Bären. Sein Durchmesser kann hier im AdW zu 4,9' bestimmt werden, Abell selbst gibt 268'' ~ 4,5' an. Mit der Entfernung ist es stets uneinheitlich, wie man das so kennt,je nach Messmethode. Während Abell 0,96 kpc nennt, kommt Phillips im Mon. Not. Roy. Astron. Soc. 357, 619–625 (2005) auf 1,17 kpc und das sind etwa 3800 Lj. Das AdW zeigt, wenn man es herunterlädt und stark hineinzoomt, einen knallblauen Zentralstern. Der hat als Helligkeit B = 16,28 mag und V = 16,56 mag, demnach einen Farbindex B-V = -0,28 mag, was der knallblauen Farbe absolut entspricht. Das bedeutet eine hohe Temperatur. Abell selbst gibt 36.300 K an. Das restliche Sternfeld – weitab von der Milchstraße – ist zwangsläufig arm an blauen jungen Sternen, dagegen reich an späten Spektraltypen, sprich gelbliche Sterne der Population II.
So lichtschwach der PN hier wirkt: Hua & Kwok haben in Astron. & Astrophys. Suppl. Ser. 138, 275 – 297 (1999) tiefe Hα-Aufnahmen von Abell 28 gezeigt. Demnach besitzt der PN sogar noch im Südwesten eine extrem lichtschwache weitere Außenschale. Im [NII]-Licht kann man sogar eine bipolare Struktur ausmachen – was hier im AdW noch nicht sichtbar wird. Auch im [OIII]-Licht ist Abell 28 nachweisbar, allerdings sehr lichtschwach, und nur rund um den Zentralstern.
Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe
Kai Wicker hat uns vorbildlich mit Informationen zu seinem Bild versorgt, und so entstand bereits vor der Veröffentlichung hier als AdW eine angeregte Diskussion zum vorliegenden Bild. Dabei konnten wir etwas über die Umstände zur Aufnahme erfahren, Recherchen zum Objekt selber wurden auch bereits von Herrn Wicker selbst getätigt. Der hier gezeigte PN ist extrem lichtschwach. In den getätigten RGB Aufnahmen zeigt er sich gar nicht, erst durch einen schmalbandigen Hα-Filter kommt seine Natur zum Vorschein. Doch auch in diesem Bild kam der Nebel nicht sehr kontrastreich heraus und so wurde sich eines Tricks bedient, um ihn so sichtbar zu machen, wie wir ihn im vorliegenden Ergebnis erkennen können. Dazu wurden zunächst die Sterne aus dem Hα-Bild vollständig entfernt. Dies geschah in diesem Fall mit dem Photoshop-Filter „Staub und Kratzer“. Dieser erkennt die Sterne im Bild als Fehler an und eliminiert sie. Das geschieht über mehrere Durchgänge mit verschiedenen Parametern. Der PN bleibt dann als Objekt im Bild übrig und kann mit Hilfe der Gradationskurven in der Helligkeit und im Kontrast angehoben werden. Genau das geschah hier. Anschließend wurde diese Aufnahme rot eingefärbt und über das eigentliche RGB-Bild gelegt. Diesen Schritt nennt man Tonemapping. Das heißt, wir sehen hier im Bild ein astronomisches Objekt, welches in der Helligkeit und in der Farbintensität nicht den Verhältnissen der ursprünglichen Aufnahme enstpricht. Die Frage, die sich nun unweigerlich stellt, ist: Inwiefern ist eine solche Bildbearbeitung ethisch vertretbar? Dazu sei gesagt, dass solche Bildbearbeitungen in der Amateurastrofotografie gang und gäbe sind, was sie freilich dadurch noch nicht richtiger macht. Eine Skalierung der Helligkeit einer Bildinformation ist völlig in Ordnung, solange man dabei nicht Objektinformationen entfernt oder hinzufügt. Solche Methoden dienen ja nur dazu, ein zweifelsohne detektiertes Objekt anschaulicher darzustellen. Letztendlich muss sich jeder Astrofotograf immer wieder fragen: Was will ich zeigen? Man kann mittels Astrofotografie astrometrische Daten erheben, man kann Fotometrie betreiben und man kann schwächste Strukturen nachweisen. Letztere kann man dann auch etwas verstärken, um dem Betrachter das Ergebnis näher zu bringen. Dabei ist natürlich Geschmack und Fingerspitzengefühl gefragt, beides hat Kai Wicker hier unter Beweis gestellt.
Wir gratulieren zum schönen und eindrucksvollen Bild und natürlich zum AdW.
Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim
Koordinaten: RA = 08 h 41 min 36 s, Dek = +58° 13´ 48´´
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