35. Woche - Saturn im Gebiet der Ophiuchus-Dunkelwolken

Das heutige AdW zeigt uns einen Blick ins Sommersternbild Schlangenträger (Ophiuchus) bei einem Bildfeld von 4,5° x 3°. Norden ist links, Osten unten. Im Schlangenträger liegen zahlreiche Dunkelwolken, die zunächst fotografisch von E.E. Barnard katalogisiert wurden, später dann von B.T. Lynds sowie Feitzinger & Stüwe. Im Infraroten folgten in den letzten Jahren die ausführlichen Dunkelwolkenuntersuchungen von K. Dobashi. Am auffälligsten ist im Schlangenträger die große E-förmige Dunkelwolke, die wir in der vergangenen Woche im Milchstraßenband zeigen konnten. Der untere Teil dieser Dunkelwolke ist auch als Pfeifen-Nebel (pipe nebula) bekannt. Nördlich des Pfeifenstiels liegt der 3,26 mag helle Stern Theta Ophiuchi, der hier im Bild an der rechten Bildseite zu sehen ist. Der Veränderliche des Typs β Cephei hat den Spektraltyp B0IV und zeigt daher ein sattes Blau. Direkt links oberhalb von ihm befindet sich der K3-Riese HD 156992. Sein Farbindex ist B-V = 1,4 mag, demnach sollte HD 156992 eigentlich gelborange leuchten. Insgesamt hat dieser Milchstraßenbereich wegen des enthaltenen interstellaren Staubes und der vielen Sterne des galaktischen Bulge eine recht warme Färbung, die hier ein wenig zu kühl erscheint.
Nördlich von Theta Ophiuchi (also hier im Bild nach links) schließt sich zur Bildmitte hin eine markante Dunkelwolke von S-förmiger Gestalt an. Barnard 72 ist ihre Katalognummer, man nennt sie auch "the snake" (die Schlange). Die Entfernung dieser Wolke liegt bei etwa 420 Lj. Direkt rechts oberhalb sticht die kleine, pechschwarze und nierenförmige Bok-Globule Barnard 68 ins Auge, die nicht das geringste Sternenlicht passieren lässt. Roy et al. berichten in Astronomy & Astrophys. 562, A138 (2014) von einer zentralen visuellen Absorption von etwa 19 mag bei nur 1,6 Sonnenmassen. Von B 72 weiter nach Norden folgt eine ebenfalls auffällige Dunkelwolke mit komplexer Girlandenform. An ihrem Abzweig nach Westen (oben) stand zum Aufnahmezeitpunkt der helle Planet Saturn.
Walter Gröning ist nach langer Zeit wieder einmal mit diesem AdW dabei! Das Bild gelang ihm am 26. Juli dieses Jahres in der Internationalen Amateursternwarte (IAS), Farm Hakos/Namibia. Aufnahmeoptik war ein Sky-Watcher Esprit 80 mm / 400 mm, als Kamera wurde eine Canon EOS 5D MK III verwendet. Bei ISO 1600 wurde insgesamt 2200 s belichtet. Was im Bild auffällt, sind die Beugungskreuze um die Sterne. Dazu im folgenden Abschnitt mehr.
Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe
Die Aufnahme, die uns Walter Gröning zugeschickt hat, zeichnet sich durch einen sehr ungewöhnlichen Anblick aus. Planetenkonstellationen werden üblicherweise mit kurzen Brennweiten aufgenommen. Detailaufnahmen von Planeten hingegen mit sehr langen Brennweiten und Techniken, die sich von der Deep-Sky-Astrofotografie deutlich unterscheiden. Dieses Bild zeigt die Konstellation verschiedener Dunkelnebel im Sternbild Ophiuchus und dem Ringplaneten Saturn. Das Ganze wurde mit einer typischen Deep-Sky-Ausrüstung aufgenommen, bei einer Brennweite von 400 mm. Die Schwierigkeit bestand zweifelsohne darin, die extremen Helligkeitsunterschiede der gezeigten Objekte in das finale Bild zu retten. Das ist Herrn Gröning außerordentlich gut gelungen.
Die Belichtungszeit ist mit knapp über 35 Minuten recht gering, der namibische Himmel dürfte der Aufnahme der Dunkelnebel aber gut getan haben. Das verwendete Teleskop stammt vom kanadischen Hersteller Sky-Watcher. Die Esprit-Serie wurde speziell für die Bedürfnisse anspruchsvoller Astrofotografen entwickelt. Sky-Watcher ist der kanadische Ableger der chinesischen Firma Synta, die bereits seit Ende der 1980er Jahre Amateurteleskope herstellt und vertreibt. Chinesische Teleskope haben in der Szene einen sehr schlechten Ruf, was zumindest teilweise begründet ist: Die Fertigungstoleranzen in China haben einen geringeren Standard als in Europa, das führt zu einer starken Serienstreuung. Allerdings hat die Firma Sky-Watcher in den vergangenen zehn Jahren enorme Schritte hin zu hochwertigen Teleskopen und Montierungen gemacht.
Dem aufmerksamen Betrachter werden die Beugungskreuze (engl. diffraction pattern) nicht entgangen sein. Ein Refraktorteleskop hat aber keinen Fangspiegel mit einer kreuzförmigen Fangspiegelhalterung im Strahlengang. Daher zeigt es natürlich keine solchen Beugungsstrahlen („Spikes“), hier wurde mit etwas Zwirn nachgeholfen.
Für meinen persönlichen Geschmack könnten die Sternfarben etwas kräftiger sein, aber die Farbsättigung ist reine Geschmacksache. Insgesamt handelt es sich hier um ein außergewöhnliches Bild, mit einer ganz besonderen Bildwirkung. Wir gratulieren zum AdW.
Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim
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Koordinaten von B 72 (J2000):
RA = 17 h 23 min 39 s, DE = -23° 41' 42''