36. Woche - Das Innenleben von IC 1396

IC 1396 ist eine wohlbekannte, etwa 2,5° ausgedehnte HII-Region im Südbereich des Cepheus und ein häufiges astrofotografisches Motiv. Im Zentrum sitzt ein junger, offener Sternhaufen mit dem Namen Trümpler 37. Hinweis: Die Amerikaner kennen kein „ü“ und schreiben daher „Trumpler“. Unser heutiges AdW zeigt dieses Gebiet, aufgenommen von Fachgruppenmitglied Peter Remmel. Das Bild zeigt den inneren Bereich von IC 1396, Norden ist oben und Osten links, bei einem Bildfeld von 87' x 63'. Aufnahmedatum war der 23. - 25.07.2019, Aufnahmeort Kirberg bei Limburg. Als Astro-Optik kam ein C14 mit f/1,9 zum Einsatz, d.h. 355 mm Öffnung und 688 mm Brennweite. Die Kamera war eine ASI 1600 MM Pro. Belichtet wurde insgesamt 450 min, je ein Drittel aufgeteilt auf die Filterungen [SII], Hα und [OIII]. Diese Filter mit einer Halbwertsbreite von 6 nm sind von Gerd Neumann für das schnelle Hyperstarsystem ausgelegt.
Weitere Bildautoren waren Frank Weidenbusch und Dietmar Bode - Sternwarte Limburg und ebenfalls Mitglieder der VdS-Fachgruppee Astrofotografie. Dazu merkt der Bildautor an: „Die Rohbilder entstanden bei mir daheim. Mit den Summenbildern traf ich mich mit meinen Vereinskollegen Frank Weidenbusch und Dietmar Bode in der Limburger Sternwarte zur Weiterverarbeitung gemäß der Hubblepalette in der Software PixInsight. Die Zuordnung der Filter war: [SII] - Rot, Hα - Grün, [OIII] - Blau. Da [OIII] auch nach der langen Belichtungszeit noch deutliches Rauschen zeigte, haben wir vorsichtig mit der Software PixInsight das Rauschen unterdrückt, ohne dass Strukturen in den feinen Nebeln verändert wurden. Frank Weidenbusch, ein echter Könner in der Bildbearbeitung mittels PixInsight, konnte mich und Dietmar Bode hier tief in die komplizierte Software einführen. Es war ein netter Abend unter Astrofreunden mit einem, so finden wir, schönen Ergebnis.“
Das AdW zeigt, dass IC 1396 von zahlreichen dunklen Wolken verdichteter interstellarer Materie durchsetzt ist. Die längliche Struktur im Bildzentrum wird als „Elefantenrüssel“ IC 1396 A/B bezeichnet, was auf den bekannten Astronomen S. R. Pottasch zurückgeht. Der in den Niederlanden am Kapteyn Astronomical Institute der Universität Groningen wirkende, gebürtige Amerikaner befasste sich schon früh intensiv mit den hellen, leuchtenden und dynamisch strukturierten Rändern von HII-Regionen. Dort befindet sich überwiegend weiter außen eine dichtere Kollisionszone mit einer dichten Molekülwolke. Solche Stellen, die im AdW besonders am linken, östlichen runden Rand des Elefantenrüssels vorliegen, aber auch oben rechts, heißen in der Astronomie „bright rims“ (helle Ränder). Warum sind sie hell? Weil hier die ionisierende Strahlung heißer Sterne aus dem Inneren der HII-Region auf die Molekülwolke trifft, so dass dann der stets präsente Wasserstoff hell im Hα-Licht aufleuchtet. Offensichtlich ist der Elefantenrüssel ein länglicher Rest der äußeren Molekülwolke, welcher von links (Osten) her einen heftigen Sternwind und eine starke UV-Strahlung abbekommt, so dass dann wie in einer Strömung eine solche kometarische Rüsselform entstehen kann. Verursachende Energiequelle ist der 5,6 mag helle O6-Stern HD 206267 bei (1160/2185).
IC 1396 A ist der östliche Rüsselbereich, der von der Bildmitte bis etwa zur Pixelkoordinate x = 3000 reicht (dazu bitte das Bild herunterladen, Datei siehe unten am Textende). IC 1396 B schließt sich von da aus bis zum rechten Bildrand an. Jetzt zu einigen Details im Elefantenrüssel. An der Stelle (2111/2008) sitzt der blaue B3-Stern HD 239710. Er erzeugt als Reflexionsnebel eine kleine, neblige Fahne von nur wenigen Pixeln Länge nach Nordwesten. Dieser winzige Reflexionsnebel trägt die Katalogbezeichnungen vdB 142, Bernes 36 oder auch GN 21.35.1.02. Vielfach wird der gesamte Elefantenrüssel fälschlicherweise als vdB 142 bezeichnet. Im vorderen, rundlichen Teil von IC 1396 A erkennt man ein deutliches dunkles Loch namens Dobashi 3187. Im Loch steckt der 13,6 mag helle Emissionslinienstern LkHα 349 bei den Pixelkoordinaten (2036/1965). Hier entstehen also in einer zweiten Generation neue Sterne.
Anmerkung: Das Bild zeigt sehr schön die Verteilung der chemischen Elemente im Nebel. Der am höchsten angeregte Nebelbereich sitzt wirklich im Zentrum und leuchtet deshalb in [OIII] am stärksten. Nach außen hin nimmt das Hα-Leuchten (hier: grün) zu. Der Westrand schließlich ist eine Mischung der Farben Grün und Rot zu Bräunlich, leuchtet also im Hα-Licht und in [SII]. Die Fülle der Sterne ist enorm, wenngleich sie schon in der Bildbearbeitung ein wenig in ihrer Helligkeit reduziert wurden. Ein sehr schönes Ergebnis – kein Zweifel. Daher unsere Gratulation zum gelungenen Bild und zum Astrofoto der Woche.
Peter Riepe
Bildautor: Peter Remmel
Koordinaten (J2000) von vdB 142:
RA = 21 h 36 min 41 s, Dec = +57° 30´ 06´´
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