36. Woche - IC 1396 A/B

In dieser Woche wechseln wir in den Cepheus, eines der an unserem Nordhimmel an Deep-Sky-Objekten reichhaltigsten Sternbilder. Das AdW dreht sich um IC 1396 - ein Standardobjekt, aber wieder einmal mit spezieller Bildwirkung und spezieller Aufnahmetechnik in der Hubble-Palette. Heiko Hillenbrand, Mitglied der VdS-Fachgruppe Astrofotografie, setzte im Zeitraum 07.07.2023 - 14.07.2023 einen Apochromaten Askar FRA600 f/5,6 mit 108 mm Öffnung und 600 mm Brennweite ein. Der Aufnahmeort Großbardorf liegt in Unterfranken, ca. 10 km entfernt von Bad Neustadt/Saale. Kamera war eine ZWO ASI1600MM COOL, dazu dann ZWO ASI Schmalbandfilter für Hα, [OIII]und [SII] mit 7 nm Halbwertsbreite. Die Belichtungszeit betrug bei 2x2-Binning und -15°C Sensortemperatur 35 x 10 min für Hα, 32 x 10 min für [OIII] und 32 x 10 min für [SII], was eine Gesamtbelichtungszeit von 16,5 h ergibt. Das Teleskop sitzt auf einer Montierung des Typs EQ6-R Pro, auf einer Betonsäule.
Das Autoguiding erfolgte über PHD2 mit einer ZWO ASI290Mini und einem kurzbrennweitigen Leitrohr D = 60 mm f = 240 mm. Als Software für die Aufnahmetechnik wurde N.I.N.A. verwendet, PixInsight für die Bildbearbeitung. Als Bemerkung schreibt der Bildautor: "Die recht kurzen Nächte konnten aufgrund des guten Wetters (im oben genannten Zeitraum) meist voll genutzt werden. Vor der Kombination der einzelnen Farbkanäle wurde deren Helligkeit mittels des Prozesses LinearFit angeglichen. Die besten Ergebnisse konnte ich tatsächlich durch Verwendung der SII-Aufnahme als Referenzbild erzielen. Danach wurde die Hα-Aufnahme als ´Luminanz´ mit dem Bild verheiratet.
Jetzt ins AdW zu den wesentlichen Details. Das Bildfeld von 101' x 76' zeigt Norden in etwa rechts und Osten oben. IC 1396 ist nicht der im Bild sichtbare, markante "Elefantenrüssel". Auf etlichen Webseiten wird das leider falsch dargestellt. IC 1396 ist die riesige HII-Region von rund 3° Abmessungen, die den Elefantenrüssel als eines der kleinen Details beinhaltet. Und der Elefantenrüssel ist nichts anderes als die Rüsselstrukturen im Rosettennebel oder ein Finger aus den "Säulen der Schöpfung" in M 16. Was sich hier befindet, ist dichtere Materie als in der unmittelbaren Umgebung. Molekulares Gas und dazu noch Staub bilden ein Gemenge, ein molekulares Überbleibsel aus der Entstehungsgeschichte der HII-Region IC 1396. In der Regel weisen diese Rüsselstrukturen eine kometarische Gestalt auf, welche durch den Sternwind des Zentralsterns erzeugt wird und sich nur langfristig auflöst.
Im oberen mittleren Bildbereich erkennt man im AdW eine sehr lockere Ansammlung von Sternen. Das ist der offene Sternhaufen Trümpler 37. Der hellste Stern dieses Haufens ist der spektroskopische 5,6 mag helle Doppelstern HD 206267, der aus einer O6-Hauptkomponente und einem O9-Begleiter besteht. Dieser Doppelstern sitzt im AdW etwa 15' oberhalb der Rüsselspitze. Als doppelter O-Stern erzeugt HD 206267 eine Menge an UV-Strahlung, mit der er sowohl IC 1396 zur Emission bringt als auch die internen Rüsselstrukturen und sonstige Dunkelwolken wie Barnard 161 und einige Globulen zerstört.
Das Zusatzbild 1 zeigt (als Ausschnitt aus Aladin) den nördlichen Teil von IC 1396, jetzt aber richtig orientiert mit Norden oben. Der Elefantenrüssel ist in der MItte bereits stark aufgelöst. Zwei Teile sind es, die den Rüssel bilden: einmal IC1396A als vorderer, dem Zentralstern nächster Dunkelwolkenbereich. Dahinter folgt IC 1396B. Wohlgemerkt: Es sind zwei Rüsselteile, nicht nur IC 1396A! Das wird oftmals falsch dargestellt. Woher stammen diese Bezeichnungen? Der niederländische Astronom S.R. Pottasch befasste sich in den 1950-er Jahren mit Dunkelwolken und ihren oftmals hellen Rändern ("sog. "bright rims"). Dazu für Interessierte die Quelle: S. Pottasch: A study of bright rims in diffuse nebulae; Bull. Astron. Inst. Netherlands 13, 77-88 (1956). In IC 1396 katalogisierte Pottasch verschiedene solcher Gebilde, und zwar IC 1396A bis IC 1396H. Im Elefantenrüssel ist IC 1396A ein schönes Musterexemplar für eine Dunkelwolke mit hellem Außenrand.
Das Zusatzbild 2 zeigt den Elefantenrüssel IC 1396A/B als vergrößerten Ausschnitt. Was sieht man dort noch? Zunächst ist die Rüsselspitze abgerundet, mit dem hellen Rand klar dem Stern HD 206267 zugewandt. Der Stern schafft es also mit seiner immensen Energie, dass diese leuchtenden Ränder ionisiert werden - Gas steckt ja drin in dem Rüssel. In IC 1396A steckt mittig die leichte Dunkelwolke Dobashi 3187, zentral darin eine Höhle, innen ebenfalls mit hellem Rand. Darin sind zwei Sterne sichtbar: junge, gerade entstandene Exemplare. Der hellere ist LkHα 349, der zweite ist LkHα 349C, beides sind ein Emissionsliniensterne, die noch nicht das Hauptreihenstadium der Sternentwicklung erreicht haben. Übrigens ist der gesamte Elefantenrüsselgereich von ebenfalls sehr jungen Veränderlichen des Typs T Tauri durchsetzt.
Anmerkungen: Teleskope von Sharpstar Askar kommen aus China. Hersteller ist Jiaxing Rui Xing Optical Instrument Co., Ltd. in der gleichnamigen nordchinesischen Stadt Jiaxing. Wie schon sein "kleiner Bruder", FRA400, ist das FRA600 ein "Flatfield-Astrograph". Dies wird erreicht durch zwei eingebaute Linsenbaugruppen aus insgesamt 5 Elementen. So gleicht der innere Aufbau (aber auch nur der ...) einem alten Petzvalobjektiv. Für das Teleskop steht auch noch ein 0,7-facher Reduktor zur Verfügung, der die Apertur dann auf f/3,9 ändert.
Das AdW gefällt durch seine in der Hubble-Palette ausgewogene farbliche Darstellung. Das Zentrum von IC 1396 leuchtet blau im [OIII]-Licht, der Elefantenrüssel ist durch Hα gepärägt. Und [SII]-Licht sieht man insbesondere in den äußeren Partien. Dass die Sterne durchweg weißlich erscheinen, ist aufgrund der Hubble-Palette und der nicht separat "behandelten" Sterne völlig erklärlich. Vielleicht noch ein Satz: Dass die Farben den Ort der vorkommenden chemischen Elemente wiedergeben, dürfte allgemein bekannt sein. Was man aber erwähnen sollte: Die Häufigkeit dieser Elemente und ihr gegenseitiges Mengenverhältnis geht aus der Farbwahl aber nicht hervor.
Einen herzlichen Dank an Heiko Hillenbrand für dieses sehr gelungene und technisch gute Astrofoto. Dazu dann auch die Gratulation des AdW-Teams zum Astrofoto der Woche!
Peter Riepe
Bildautor: Heiko Hillenbrand
Koordinaten (J2000.0) von IC 1396 (HD 206267):
RA = 21 h 38 min 57,6 s, Dec = +57° 29' 21"
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