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38. Woche - Experimentierfeld Trifidnebel

| Astrofoto der Woche

Zum Trifidnebel Messier 20 gibt es im Sommer stets verschiedene Einsendungen. Das bleibt nicht aus, denn M 20 ist ein beliebtes Standardmotiv. Ist M 20 dann "im Sack", denken einige Astrofotografen: "Da will ich doch einmal meinen M 20 als AdW vorschlagen.“ Das ist schön so, und das AdW-Team freut sich über jedes gelungene, eingeschickte Bild. Das heutige AdW ist eines aus mehreren verschiedenen Einsendungen. Es kam in die engere Wahl, weil die hinter dem Bild steckende Aufnahmetechnik schon einige sehr interessante Ansätze zeigt. Bildautor Joachim Rahm, gerade in die Fachgruppe Astrofotografie eingetreten, hat sich M 20 remote in Chile vorgeknöpft. Aufnahmeort war das Observatorium El Sauce. Zwar hat sich Joachim Rahm zuhause eine kleine Sternwarte in Bingen am Rhein aufgebaut (www.sternwarte.jorahm.de), aber der dortige Himmel lässt doch ab und zu den Wunsch aufkommen, unter einem richtig dunklen Spitzenhimmel tiefe Deep-Sky-Fotografie zu betreiben. Aufnahmeteleskop war ein Takahashi TOA 150 mit f = 1095 mm. Dazu wurde als CCD-Kamera eine Finger Lakes ML 16200 eingesetzt. Auch die verwendeten Filter stammen von Finger Lakes, die Schmalbandfilter haben jeweils 8 nm Halbwertbreite. Bei Blende 7,3 wurde damit wie folgt belichtet: 42 x 5 min für die Luminanz, 26 x 5 min für R, 12 x 5 min für G und 21 x 5 min für B. Dazu kamen dann die Schmalbandbelichtungen: 15 x 30 min in [SII], 12 x 30 min in Hα und 13 x 30 min in [OIII]. Der Bildautor zum weiteren Vorgehen: „Zunächst erstellte ich ein konventionelles LRGB-Bild, auch eine Kombination aus [SII], Hα und [OIII] nach der Hubble-Farbpalette. Dann aber wurde [SII] dem Rotkanal des LRGB beigemischt, Hα dem Grün- und [OIII] dem Blaukanal.“ Wir kommen darauf in den Anmerkungen noch kurz zu sprechen. Das Bildfeld misst 84,7' x 67,6', Norden ist oben, Osten links.

Zu den astronomischen Fakten: Messier 20 (NGC 6514) ist etwa 5000 Lj entfernt und besteht aus zwei runden, unterschiedlich farbigen Einzelnebeln. Das allein ist schon Anreiz genug für jeden Astrofotografen. Der rot leuchtende, südlichere Nebelbereich erhielt aufgrund der inneren dreigeteilten Struktur der Staubwolken die Bezeichnung „Trifidnebel“ (= dreigeteilter Nebel). Dieser rot leuchtende Emissionsbereich ist mit seiner runden Form ein Paradebeispiel für eine „Strömgren-Sphäre“, wie der Astronom es ausdrückt. Der schwedische Astrophysiker Bengt Strömgren hatte sich mit der Frage befasst, wie der Durchmesser einer HII-Region von den einwirkenden astrophysikalischen Parametern bestimmt wird (z.B. Spektraltyp des anregenden Sterns, Gasdichte). Im Kugelzentrum des roten Nebelanteils sitzt der anregende Stern HD 164492, ein Doppelstern mit V = 6,8 mag. Die Hauptkomponente ist ein junger Hauptreihenstern vom Spektraltyp O7.5 mit einer effektiven Oberflächentemperatur um 32.000 K. Die Komponente B mit 12,1 mag ist ein blauer Überriese. Er ist aber aufgrund seines Spektraltyps A2 und der daraus folgenden geringen Temperatur an der Ionisation der H II-Region nicht beteiligt.

Der Nordteil des Trifidnebels ist regelrecht blau. Hier sind die Reflexionsanteile des Lichtes sehr stark. Im Zentrum dieses Nebelbereichs finden wir den Blauen Überriesen HD 164514. Mit seinem Spektraltyp A7 ist er zu kühl, um das umgebende Gas zur Emission anzuregen. Im Bild hat er eine gelbliche Farbe. Das ist auch korrekt so, selbst wenn es sich um einen Blauen Überriesen handelt. Aufgrund des Staubes im Reflexionsnebel wird er so stark gerötet, dass sein Farbindex von B-V ~ 0,1 mag auf 0,9 mag klettert.

Noch eine Anmerkung zur Farbgestaltung des Bildautors. Wer oben aufmerksam gelesen hat, wird feststellen: Die Hα-gefilterten Belichtungen wurden dem Grünkanal beigemischt. In der Mail-Diskussion, die sich zu Joachim Rahm ergab, stellte er selbst fest: „Dies hat natürlich nichts mit den realen Farben zu tun und die Kombination aus Hα dem G zuzuordnen macht selbstverständlich physikalisch gesehen keinen Sinn. Es sollte nur ein ´Pretty Picture´ sein. Vor einigen Tagen habe ich allerdings damit begonnen eine sinnvollerer Zusammenstellung vorzunehmen, d.h. Zuordnung von [SII] und Hα dem Rotkanal und [OIII] jeweils dem Grün- und Blaukanal.“ Was sich daraus ergeben hat, wird im VdS-Journal für Astronomie, Heft 77, vorgestellt. Eines aber muss noch erwähnt werden: Ein [OIII]-Filter lässt auch das blaue Licht der Reflexionsnebel gut passieren. Als Beleg dafür soll das Zusatzbild dienen. Es ist das Summenbild aller [OIII]-Belichtungen.

Joachim Rahm hat ein prächtiges, mit 28 h 25 min sehr lange belichtetes Bild geliefert. Nicht nur, dass der Himmel von Chile seine exzellente Dunkelheit ins Spiel brachte – auch die Objekthöhe (grob in der Zenitregion) trug zum Gelingen der blauen umgebenden Nebelanteile bei. Allerdings sind die Reflexionsnebelanteile um die HII-Region herum eher mit einem leichten Touch ins Grünliche versehen. Die Ursache dafür haben wir besprochen.

Dem Bildautor ein dickes "Danke schön", dazu die Glückwünsche des AdW-Teams zum Astrofoto der Woche.

 

Peter Riepe
Bildautor: Joachim Rahm

 

Koordinaten (J2000.0) von HD 164514:
RA = 18 h 02 min 32 s, DE = -22° 54´ 20´´

 

 

 

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