41. Woche - In den Schleiern des Schwans

Der Cirrusnebel im Sternbild Schwan (engl. veil nebula = Schleiernebel) ist wohl der bekannteste Supernovarest (SNR) des Nordhimmels. Er bildet eine vollständige Kugel. Geometrisch gesehen treten die Randbereiche besonders deutlich hervor. Sie bilden Stoßfronten (nicht „Schockfronten“), an denen die Nebelmaterie auf das interstellare Medium trifft. Dieser Stoßvorgang liefert die Energie zur Anregung des SNR, so dass der Cirrusnebel überhaupt leuchten kann. Das aktuelle AdW hat Norden links und Westen oben. Sehr schön sind die nordwestlichen Teile des Cirrusnebels sichtbar: Links befindet sich NGC 6979 – wegen seiner dreieckigen Form auch „Pickering´s Triangular Wisp“ genannt. Von ihm aus verlaufen sehr feine Nebelfilamente nach Süden. Oben im Bild liegt NGC 6960, der „Sturmvogel-Nebel“. Bei ihm steht der helle G9-Stern 52 Cygni mit B = 5,28 mag und V = 4,23 mag, der mit einem Farbindex B-V = 1,05 mag auf einer korrekt kalibrierten Farbaufnahme wie dieser gelb erscheinen muss.
Für Astrofotografen: Das Leuchten des Cirrusnebels stammt im Wesentlichen von acht hellen Emissionslinien. Das rote H-Alpha-Licht des ionisierten Wasserstoffs hat 656,3 nm Wellenlänge. Gleich rot leuchtet aber auch der einfach ionisierte Stickstoff. Er zeigt sich im Spektrum als „verbotene“ doppelte Emissionslinie bei 654,8/658,3 nm Wellenlänge. Beide [N II]-Linien liegen direkt „links und rechts“ von H-Alpha und sind im Cirrusnebel sehr stark. Dazu erzeugt auch der einfach ionisierte Schwefel [S II] eine rote „verbotene“ Doppellinie im ferneren Rot bei 671,7/673,1 nm Wellenlänge. Im kurzwelligen Licht finden wir die „verbotene“ Doppellinie des zweifach ionisierten Sauerstoffs [O III]. Sie hat eine Wellenlänge von 495,9/500,7 nm, was der Farbe Türkis entspricht. Schließlich sollte man daran denken, dass der ionisierte Wasserstoff nicht nur H-Alpha emittiert, sondern auch die blaue H-Beta-Linie bei 486,1 nm. Sie ermöglicht in Verbindung mit der [O III]-Doppellinie erst die visuelle Sichtbarkeit der meisten Emissionsnebel. Man kennzeichnet übrigens alle „verbotenen“ Emissionslinien in der Astronomie durch eckige Klammern. H-Alpha und H-Beta sind keine solchen „verbotenen“ Linien.
Karsten Möller, Mitglied der Fachgruppe Astrofotografie, hat dieses Bild am 4. August 2013 mit einer Canon EOS 400 Da angefertigt. Aufnahmeort war Lauterbach in Hessen. Als Optik kam ein Skywatcher ED 80 Pro mit 510 mm Brennweite plus Flattener (0,85x) zum Einsatz. Belichtet wurde 8 x 480 s bei ISO 800. Anmerkung des Autors: „Leider konnte ich nicht länger belichten. Der Rest der Zeit war durch Wolken verhangen oder es gab Nachführfehler durch leichte Bewölkung. Ich habe jeweils 20 Dark-, Flat- und Biasframes gemacht und alles mit dem Programm PixInsight verarbeitet. Wegen der kurzen Belichtungszeit war ich erst pessimistisch, dann aber doch überrascht. Für eine Stunde DSLR bei ISO 800 bin ich zufrieden.“ Dem kann sich das AdW-Team nur anschließen!
RA = 20 h 42 min, DEK = +37°
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