43. Woche - Das kometarische Sternentstehungsgebiet G110-13

Die nördliche Milchstraße im Gebiet Cepheus über Cassiopeia bis Perseus ist reich an interstellarer Materie. Es gibt dort nicht nur helle H II-Regionen, sondern auch Reflexionsnebel und viele dunkle Staub- und Molekülwolken. Das aktuelle AdW demonstriert ein sehr schönes Beispiel für eine Kombination aus Molekülwolke und Reflexionsnebel, nämlich eine bräunliche, längliche Wolke im Grenzgebiet Andromeda und Cassiopeia. Diese Wolke trägt die Bezeichnung G110-13, was die galaktischen Koordinaten wiederspiegelt. Die längliche Form erinnert an einen Kometen. Dem helleren Kopf (rechts) folgt ein kurzer Hals, eingeschnürt von drei Sternen. Daran erstreckt sich nach links ein schweifförmiges Anhängsel in die nordöstliche Richtung. Norden zeigt von den hellsten Nebelpartien aus zur linken oberen Bildecke.
Diese außergewöhnliche Form war der Anlass dafür, die Wolke bereits in den 1980er und 90er Jahren ausgiebig in allen möglichen Wellenlängen zu untersuchen, um ihre Dynamik zu verstehen. Die Abmessungen von G110-13 betragen 1,4° in der Länge und ca. 8 bis 12´ in der Breite. Offenbar hat es im Inneren an den dichtesten Stellen Sternentstehung gegeben, denn mindestens drei Sterne vom Spektraltyp B8 bis B9 sind eindeutig mit der Molekülwolke assoziiert. Am nordöstlichen Ende knickt G110-13 scharf um 90° nach Nordwesten ab.
Auf den Webseiten verschiedener Astrofotografen wird die Molekülwolke G110-13 als vdB 158 bezeichnet. Das ist nicht korrekt, da vdB 158 in Wirklichkeit nur ein winziger Teil von G110-13 ist. Wir erkennen vdB 158 als kleinen diffusen, blauen Reflexionsnebel in der „Halsregion“. Sidney van den Bergh (vdB) hatte auf den fotografischen Glasplatten des Palomar Observatory Sky Survey (POSS) nach solchen Reflexionsnebeln gesucht und diese 1966 in einem Katalog zusammengestellt. In erster Linie ging es ihm dabei um blau leuchtende Nebel, angestrahlt durch junge Sterne geringer Masse, deren Energie nicht zur Ionisation von Wasserstoff und damit zur H-Alpha-Emission der umgebenden Nebel ausreicht.
Erleuchtender Stern für vdB 158 ist der Hauptreihenstern HD 222142 (BD+47°4220) mit dem Spektraltyp B8V (gelesen: „be acht fünf“, denn das angehängte „V“ ist eine römische „5“ zur Kennzeichnung der Leuchtkraftklasse des Sterns). Die scheinbare Helligkeit dieses Sterns beträgt 9,66 mag im Blauen und 9,55 mag im Visuellen, so dass sich ein Farbindex B-V = 0,11 mag ergibt, was einem hellen Blau entspricht. Benachbart sind zwei weitere Sterne, die mit HD 222142 das bereits genannte kleine Dreieck im Hals von G110-13 formen. Zum einen ist das HD 222106 (= BD+47°4216), ein K0-Stern im Bild knapp über HD 222142. Er ist im Blauen 9,84 mag hell und 8,34 mag im Visuellen, demnach mit B-V = 1,50 mag eindeutig orange. Dazu gesellt sich etwas rechts davon noch HD 222086 (= BD+47°4214) mit dem Spektraltyp B9, einer visuellen Helligkeit von 8,51 mag und dem Farbindex B-V = 0,00 mag, und das ist kräftig blau.
Bildautor ist Frank Slotosch, Mitglied der VdS-Fachgruppe Astrofotografie. Er nahm vom Gelände des Vogelsbergs dieses interessante Feld mit einem Takahashi-Refraktor FSQ 106 bei 500 mm Brennweite auf. Mit einer Farbkamera FLI 4022c wurde 28 x 10 min belichtet.
RA = 23 h 37 min 52 s, Dek = +48° 29´ 48´´
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