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45. Woche - Der Kugelsternhaufen Messier 2

| Astrofoto der Woche

Wenn Kugelsternhaufen hier als AdW eingereicht werden, dann sind es in der Regel die helleren Exemplare. So auch heute - da ist es Messier 2 (kurz: M 2) im Sternbild Wassermann. Bildautor ist Harald Becher, Mitglied der VdS-Fachgruppe Astrofotografie. Die Aufnahme, hier im Hochformat wiedergegeben, entstand am 17.09.2023 in Reichertshofen, OT Winden. Als Teleskop wurde ein Ritchey-Chrétien eingesetzt (Marke TS), mit 203 mm Öffnung, dazu mit dem Omegon Pro Reducer bei dann 1300 mm Brennweite. Die Kamera war eine Farbkamera OGMA AP26mc, das ist eine neue Kamera mit dem Sensor IMX571 und sehr hoher Fullwell Kapazität. Bei "Einzelschüssen" von jeweils 2 min wurde insgesamt 120 min belichtet. Dazu schreibt Harald Becher: "Es war eigentlich ein Beifang, um auf das Aufgehen meiner Projektgalaxie M33 über meinem Haus zu warten. So konnte ich meine Messier-Sammlung erweitern." Das Bild zeigt Norden oben und Osten links bei einem Bildfeld von 35,5' x 51,6'

Erste Beobachtungen von M 2 stammen von G. Maraldi. Er fand 1746 den Kugelsternhaufen (ab hier: KH) als nebelhaftes Objekt bei der Suche nach dem Kometen Chéseaux. Charles Messier wurde 14 Jahre später ebenfalls auf diesen KH im Sternbild Wassermann aufmerksam und fügte ihn seinem Katalog zu. Im AdW kann der Winkeldurchmesser durch einen passenden Umkreis auf etwa 13,4' abgeschätzt werden. Zur Entfernung gibt es das Tabellenwerk von W.E. Harris, CATALOG OF PARAMETERS FOR MILKY WAY GLOBULAR CLUSTERS: THE DATABASE, compiled by William E. Harris, McMaster University, Revision:  2010. Darin werden 11.500 pc genannt, das sind ~37.500 Lichtjahre. Mit den GAIA-Parallaxenmessungen ergeben sich ~40.000 Lichtjahre, das ist ein wenig mehr. Für diese Distanz und die oben gemessene Ausdehnung folgt für M 2 ein wahrer Durchmesser von 156 Lichtjahren. Das ist vergleichbar mit der Größe von M 13.

M 2 (NGC 7089) ist einer der vielen uralten galaktischen Kugelsternhaufen (ab hier: KH) in der Altersgruppe um 10 bis 13 Milliarden Jahre. Sie entstanden in der Folgezeit, als die Milchstraße nach ihrer Entstehung aus heißem Gas zu einem stellar aufgebauten Objekt kondensierte. Auch danach formten sich neue KH, die dann jedoch jünger sind. Ein kleiner Teil der galaktischen KH wurde aus solchen aufgestockt, die mitsamt von Zwerggalaxien von der Milchstraße eingefangen wurden und nun in ihr aufgehen. Ein Beispiel dafür ist Messier 54. Dieser KH wurde einschließlich der "kannibalisch vertilgten" Zwerggalaxie Sagittarius Dwarf in die Außenbezirke der Milchstraße eingegliedert.

Messier 2 lässt sich recht gut mit Messier 13 vergleichen, dazu siehe Tabelle im Zusatzbild 1. Man sieht, dass M 2 mit V = 6,47 mag lichtschwächer als M 13 mit V = 5,78 mag ist, aufgrund der viel größeren Entfernung. Würde man die beiden KH jedoch direkt nebeneinander stellen, so wäre M 2 heller als M 13. Das erkennt man an der Leuchtkraft, die sich als Absoluthelligkeit in Magnituden ausdrücken lässt. Beachte: -9,03 mag (M 2) ist heller als -8,55 mag (M 13). Interessanterweise sind die Flächenhelligkeiten aber doch unterschiedlich: Trotz geringerer V-Helligkeit ist M 2 heller zu sehen mit 15,78 mag pro Quadratbogensekunde als M 13 mit 16,59 mag pro Quadratbogensekunde.  Das zeigt uns: Auch für andere Deep-Sky-Objekte wie z.B. Galaxien ist deren scheinbare Helligkeit nicht entscheidend für die Wahrnehmbarkeit, sondern die Flächenhelligkeit!!! Und dann wäre noch zu erwähnen, dass M 2 und M 13 mit B-V = 0,66 und 0,68 mag im Mittel einen sehr ähnlichen Farbindex aufweisen, demnach auch eine ähnliche Farbe, nämlich weißlich. Zur Erinnerung: Weiß (Sonne) bedeutet B-V = 0,64 mag!

Zoomt man ins Bild (dazu das Original herunterladen, siehe unten hinter dem AdW-Text), so wird deutlich, dass viele blaue Sterne in M 2 vorhanden sind. Das sind überwiegend die Sterne des BHB (= Blue Horizontal Branch), auf Deutsch: des blauen Horizontalastes im Farbenhelligkeitsdiagramm (siehe Zusatzbild 2). Das darf jetzt ruhig etwas näher erläutert werden, denn das Wissen über die Sternfarben gehört zu den unentbehrlichen Grundlagen für ernsthafte Astrofotografen. Was ist das - ein Farbenhelligkeitsdiagramm (abgekürzt FHD)? In einem FHD ist der Zusammenhang zwischen dem Farbindex der Sterne und ihrer scheinbaren V-Helligkeit grafisch dargestellt. Hier sieht man, wie sich die scheinbaren V-Helligkeiten zu den Sternfarben B-V in M 2 verhalten. Offensichtlich geht das nicht kunterbunt durcheinander! Vielmehr ordnen sich die Messwerte der Sternhelligkeiten in so genannten "Ästen" an (engl.: branch). Die blauen BHB-Sterne - das hat die Astrophysik herausgefunden - haben sich bereits weiter von den Roten Riesen im "Red Giant Branch" weg entwickelt und liegen jetzt bei Farben von B-V = +0,3 mag bis -0,3 mag (stark blau). Diese Sterne fusionieren nicht mehr Wasserstoff zu Helium, sondern bereits Helium zu schwereren Elementen. Daher sind sie heißer und demzufolge auch blauer. Es handelt sich aber um alte blaue Sterne, nicht um junge heiße blaue Sterne wie die des Spektraltyps B oder gar O. Bei etwa B-V = 0 mag knickt der BHB übrigens stark nach unten ab (er ist dann nicht mehr horizontal ...). Das FHD zeigt auch an, dass die hellsten Sterne in M 2 (und in KH generell) die Roten Riesen sind, mit Farben um B-V ~ 1,8 mag (orangerot) und V-Helligkeiten um 13 bis 14 mag.

Anmerkung: Die im AdW sichtbaren Sterne erscheinen mir persönlich ein wenig blass. Das ist aber nur für die kühlen Sterne der Spektraltypen K und M der Fall, die eigentlich einen deutlichen Warmton haben sollten. In M 2 gibt es viele davon, und zwar die oben bereits erwähnten Roten Riesen, die ja nicht von ungefähr ihren Namen tragen. Sie sollten gelborange bis rotorange erscheinen - völlig unabhängig vom Geschmack des Bildautors. Ein wenig die Farbsättigung anheben, natürlich nicht übertrieben, sondern abgestimmt auf den Farbindex. Hat man den nicht, so klappt es auch mit dem Spektraltyp, der für KH beispielsweise aus der Datenbank Simbad hervorgeht: O-Sterne sind stark blau, B-Sterne hellblau, A und F dann in der Blauheit abnehmend, Sterne von F8 bis G4 etwa sind weißlich, G2 exakt weiß, K-Sterne sind gelblich und M-Sterne orangerot. In den meisten Bildbearbeitungsprogrammen gibt es dann die Farbkalibrierung nach fotometrischen Werten. Wird die auf (L)RGB-Aufnahmen angewendet, sollte alles klar sein, d.h. dann sollten die Farbindizes mit den wahren Farben übereinstimmen!

Das Bild gefällt, weil es technisch recht sauber ist. Auch die Tatsache, dass hier nicht "kraftvoll entrauscht" wurde, erfreut einen ja doch. Einen herzlichen Dank an Harald Becher für dieses wunderschöne Bild von Messier 2, das zudem einmal ein größeres Feld zeigt und den KH nicht so "einquetscht". Dazu dann auch die herzliche Gratulation zum gelungenen Astrofoto der Woche.

 

Peter Riepe
Bildautor: Harald Becher

 

Koordinaten (J2000.0) von M 2:
RA = 21 h 33 min 27 s, DEK = -00° 49' 24''

 


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