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45. Woche - Ein bemerkenswertes Herbstobjekt - die HII-Region NGC 281

Fotografiert von: Endriko Siegismund | | Astrofoto der Woche

NGC 281 ist eine helle HII-Region in der Cassiopeia. Sie liegt etwa 1,6° östlich des Hauptsterns α Cas. Im aktuellen AdW ist Norden links, Osten unten. Schon beim ersten Blick sticht in NGC 281 die dunkle Südwest-Ecke ins Auge: Das leuchtende Gas wird dort durch die Dunkelwolke Dobashi 3745 verdeckt. Radio-Untersuchungen haben gezeigt, dass hier dichtes molekulares Material ins Bild ragt (Megeath & Wilson, Astron. J. 114, 1106 [1997]). Dieses Material gehört zu einer ausgedehnten Molekülwolke, die 1000 Lj über der galaktischen Ebene liegt (Lee & Jung, New Astronomy 8, 191-207 [2003]). Wäre die Südwest-Ecke von NGC 281 nicht verdeckt, so würde die H II-Region rund erscheinen, mit einer typischen Kugelform, die der Astronom auch als „Strömgren-Sphäre“ bezeichnet.

Im Zentrum der Nebelkugel sitzt der offene Sternhaufen IC 1590. Im AdW wirkt er unscheinbar, mit einem zentralen hellen Klecks. Das ist der Mehrfachstern HD 5005, welcher die primäre Anregungsquelle für die gesamte HII-Region ist. HD 5005 besteht aus mehreren O-Sternen, der hellste besitzt den extrem seltenen Spektraltyp O4. Er wird von zahlreichen schwächeren Haufensternen umgeben, die zum größten Teil jünger als 2 Mio. Jahre sind (Sharma et al., Publ. Astron. Soc. Japan 64, 1 [2012]). Jedoch zeigen neuere Infrarotaufnahmen, dass sich südwestlich von IC 1590 ein dreigeteilter weiterer Sternhaufen im dichten Material der Molekül-/Dunkelwolke befindet. Im Vergleichsbild (hier klicken) sehen wir links ein Infrarotbild gemäß 2 Micron All Sky Survey. Die leuchtende HII-Region ist nicht zu sehen, auch der Staub wird durchdrungen. Der offene Sternhaufen IC 1590 ist mit „1“ gekennzeichnet, die südwestlich anschließenden drei Teilhaufen „2“, „3“ und „4“ erscheinen deutlich rötlich und sind nur im Infrarotbereich zu sehen. Das rechte Bild zeigt in gleicher Orientierung und Größe das optische Bild gemäß Deep Sky Survey. Erstaunlich, dass die IR-Strahlung die HII-Region und den Staub dermaßen stark „durchleuchtet“.

Schön kommen im AdW die kräftigen „bright rims“ am Ostrand (hier rechts unten) zur Geltung. Sie repräsentieren den dortigen Rand der Molekülwolke. Es gibt auch kleinere Globulen. Eine fällt in direkter Nachbarschaft zu IC 1590 auf. Dazu bitte das Bild herunterladen und hineinzoomen. Für die Dunkelwolke im Südwesten darf eine Entfernung von 9170 Lj veranschlagt werden (Sato et al., Publ. Astron. Soc. Jap. 60, 975-989 [2008]). Damit errechnet sich für NGC 281 bei 40´ scheinbarem Durchmesser ein echter Durchmesser von gut 110 Lj. Das ist rund dreimal größer als der Orion-Nebel.

Das AdW wurde von Endriko Siegismund aus Frankfurt/Oder eingereicht. Die Aufnahme datiert vom 22.09.2017, Teleskop war ein Apochromat 107 mm / 700 mm (APM), dazu eine gekühlte, modifizierte Canon 60d bei ca. -18°C und ISO 800, Belichtung 10 x 180 s, 18 x 600 s, 7 x 900 s mit IDAS LP2-Filter zur Reduzierung des künstlichen Streulichts.

Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe

Das hier gezeigte Bild von Endriko Siegismund wurde Ende September während des Herzberger Teleskoptreffens aufgenommen. Herzberg (oder besser gesagt Jeßnigk) liegt im südlichen Brandenburg und zählt zu den besseren Standorten für Astronomie und Astrofotografie in Deutschland. Endriko Siegismund schreibt uns, dass er eine Nacht nutzen konnte um seinen kleinen Apochromaten nach den kurzen Nächten des Sommers mal wieder zu benutzen. Klein ist hier allerdings relativ, denn der APM APO mit 107 mm Öffnung und 700 mm Brennweite ist schon ein recht stolzes Teleskop und kein Fliegengewicht. Verwendet man dann noch eine Korrekturlinse, benötigt man schon eine recht solide Montierung um erfolgreich nachführen zu können. Weiterhin kam eine astromodifizierte Canon EOS 60D Kamera zum Einsatz, die durch eine weitere Modifikation auf -18°C gekühlt wurde, um den Dunkelstrom der Kamera zu reduzieren. Aufgenommen wurde dann mit verschiedenen Einzelbelichtungszeiten, vermutlich um die Sterne möglichst in ihrer ganzen Dynamik darzustellen. Das ist auch wirklich gut gelungen, und so sind die Sternfarben sehr schön herausgearbeitet. Ob dafür aber wirklich kurze Belichtungszeiten nötig sind, ist zu hinterfragen, denn eine moderne DSLR hat einen recht großen Dynamikumfang.

Das Besondere an dem Bild ist, dass der Nebel sofort ins Auge springt, und das obwohl, wie uns der Autor schreibt, die Bedingungen in der Aufnahmenacht nicht optimal waren. Grund für diese Präsenz des Objekts ist seine Farbe, die hier deutlich ins Rotbraune geht. Auf Vergleichsaufnahmen sieht man NGC 281 häufig deutlich bläulicher. Die Darstellung der Farben ist unter Astrofotografen immer wieder ein kritischer Punkt, denn viele Astrofotografen beanspruchen beim Thema Farbe eine gewisse Freiheit. Allerdings wird das dann den physikalischen Gegebenheiten eines Deep-Sky-Objektes unter Umständen nicht gerecht, und genau das spaltet die Meinungen. Wichtig ist es, als (Astro)fotograf ein wenig über Farbenlehre zu wissen. Rot ist eine sehr dominante Farbe, die jeden sofort anspricht, sie hat eine sehr starke Kraft. Und genau diese Kraft spürt man in diesem Bild, auch wenn das vielleicht nicht exakt der Physik des Objektes gerecht wird.

Wir gratulieren Endriko Siegismund zu diesem schönen Foto.

Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim

Koordinaten J2000.0:

RA = 00 h 52 min 25 s, DE = +56° 33´ 54´´

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