45. Woche - IC 443 – Supernovarest in den Zwillingen
Das aktuelle AdW hat Norden links und Osten unten bei einem Bildfeld von 69' x 65'. Ganz oben im Bild steht der 3,3 mag helle orangefarbene Riesenstern Eta Geminorum. Von ihm aus etwa 45´ östlich (zur Bildunterseite) liegt ein prominenter, sichelförmiger Nebel. Dies ist der hellste Teil des Supernovarestes IC 443. Auch nach Westen und Süden hin gibt es noch einige schwächere Nebel, die eine mehr oder weniger rundliche Explosionswolke bilden. Nach Südwesten hin (rechts oben) erscheinen ein paar Filamente wie Tentakel einer Qualle, so dass der Supernovarest auch den Namen „Quallennebel“ trägt. Hier hat ein heute nicht mehr sichtbarer Vorgängerstern in einem Kernkollaps sein Ende gefunden. Zwar stoßen die Explosionsreste bei ihrer Expansion mit der umgebenden molekularen Materie zusammen. Die jedoch ist nicht homogen verteilt. So kann der Supernovarest keine in alle Richtungen gleiche Ausbreitungsgeschwindigkeit erreichen. Das ergibt die von einer Kugelgestalt abweichende Form.
IC 443 leuchtet im Wesentlichen in den Emissionslinien Hα, [O III] und [S II]. Der Supernovarest ist etwa 5000 Lj entfernt (Fesen 1984) und misst 70 Lj im Durchmesser. Auch wenn der explodierte Stern nicht mehr sichtbar ist, hat man den Zentralbereich von IC 443 dennoch näher unter die Lupe genommen. Bei 16 h 16 min 50 s und +22° 30', also fast im geometrischen Zentrum der rundlichen Nebelwolke, haben zwei Forschergruppen (Albert et al. 2007 und Acciari et al. 2009) eine Quelle extrem starker Gammastrahlung gefunden. Etwas exzentrisch liegt dann noch die Röntgenquelle 2XMM J061705.2+222129, die in SIMBAD als Röntgendoppelstern verzeichnet ist. Jedoch haben ganz neue Untersuchungen gezeigt (Swartz et al. 2015), dass dieses Objekt durchaus mit einem Pulsar erklärbar ist. Ob dies die gesuchte „Sternenleiche“ ist, bleibt wegen der großen Entfernung vom geometrischen Mittelpunkt zweifelhaft.
Prof. Kai-Oliver Detken, Mitglied der Fachgruppe Astrofotografie, ist der Bildautor. Am 9. und 12. März 2016 nahm er IC 443 von seinem Wohnort Grasberg auf. Ein apochromatischer Refraktor (130 mm Öffnung, Triplett von TS Photoline mit f/7) wurde bei 719 mm effektiver Brennweite gemeinsam mit einer modifizierten Canon 1000Da auf einer Montierung des Typs iOptron CEM60 nachgeführt. Die Belichtungszeit betrug 32 x 10 min bei ISO 800. Zudem wurde ein CLS-Filter verwendet, der hier bereits des öfteren ein wenig kritisch gesehen wurde (siehe auch Kommentar). Dennoch ist das erreichte Nebelbild vorzüglich, da ja kein Hα-Filter verwendet wurde.
Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe
Im März beginnt für diejenigen Astrofotografen, die mit kürzerer Brennweiten arbeiten, die Saure-Gurken-Zeit. Die Wintermilchstraße verabschiedet sich und wird vom Frühjahrshimmel mit seinen unzähligen Galaxien abgelöst. Die letzten großflächigen Gasnebel, die man im März noch mit geringer Brennweite ablichten kann sind die, die sich in den Sternbildern Zwillinge und Fuhrmann befinden, darunter der hier gezeigte Supernovaüberrest IC 443.
Kai-Oliver Detken nahm das Bild nordöstlich von Bremen auf. Die von ihm verwendete Ausrüstung beweist, dass man nicht zwangsläufig zu Teleskopen oder Montierungen amerikanischer oder japanischer Edelmanufakturen greifen muss (ein apochromatisches Triplett der Firma TS und eine Montierung des Herstellers iOptron kamen zum Einsatz). Lediglich die verwendete Kamera (eine Canon EOS 1000D) ist nicht mehr ganz aktuell. Angesichts der rasanten Entwicklung auf dem Kameramarkt ist dies aber durchaus nachvollziehbar. Die Nachführung (MGEN) und Fokussierung (Cuzdimaske) lassen keine Wünsche offen und auch die Belichtungszeit ist nicht zu knapp gewählt worden. Zum Einsatz kam dabei ein sogenannter Lichtverschmutzungsfilter vom Typ CLS. Diese Filter sind jedoch umstritten, da sie die Farben der Aufnahme verfälschen.
Kritik üben wir an der anschließenden Bildbearbeitung. Sofort fällt ein Grünstich im Hintergrund auf, der besonders im unteren Bildteil als Gradient hervortritt und es ist für uns aus der Ferne schwer abzuschätzen, wie sich dieser Gradient ins Bild geschummelt hat. Die Software PixInsight liefert allerdings Werkzeuge, die einen solchen Gradienten samt Farbstich zuverlässig entfernen. Auch in Adobe Photoshop ist das möglich, etwa mit den Plug-ins HLVG (Hasta La Vista Green, kostenfrei) und dem Gradient X Terminator (kostenpflichtig). Zum zweiten erkennt man am Histogramm, dass Bildinformationen in den Tiefen abgeschnitten wurden (sog. „Clipping“). Das Histogramm ist eines der wichtigsten Werkzeuge nicht nur in der Astrofotografie - man sollte es immer im Auge behalten. Während in der künstlerischen Fotografie ein solches „Clipping“ durchaus als Effekt erwünscht sein kann, ist es in der Astrofotografie unbedingt zu vermeiden.
Kai Oliver Detken zeigt uns mit seinem Bild ein solides Astrofoto, welches in der Bildaufnahme bereits perfekt umgesetzt ist und lediglich einen zweiten Anlauf in der Bildbearbeitung benötigt. Wir hoffen mit unserem Kommentar ein paar Anregungen dazu gegeben zu haben.
Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim und Dr. Stefan Binnewies
Koordinaten J2000.0:
RA = 06 h 17 min, DE = +22° 34'
Sie möchten zum Autor Kontakt aufnehmen? Klicken Sie einfach oben links auf seinen Namen.