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6. Woche - Messier 1, ein junger Supernovarest

Fotografiert von: Torsten Grossmann | | Astrofoto der Woche

Der etwa 6000 Lj entfernte Krebsnebel Messier 1 ist das Überbleibsel einer Supernova-Explosion, die sich gemäß chinesischen Aufzeichnungen am 4. Juli 1054 ereignete. M 1 besitzt eine komplexe Erscheinung. Auffällig ist die überlagerte netzartige Struktur, die aus chaotisch verlaufenden Filamenten besteht. Die Filamentstruktur entstand bei der Explosion der Supernova und beherbergt den größten Teil der abgestoßenen Materie des ursprünglichen Sterns. Deshalb emittieren die Filamente ein kräftiges Spektrum verschiedener Emissionslinien, das über die chemischen Bestandteile der abgestoßenen Materie Auskunft gibt. Die roten Linien dominieren, so dass die Filamente überwiegend rot leuchten. Zunächst wird H-Alpha emittiert (656,3 nm Wellenlänge), so wie in H II-Regionen. Sehr stark ist aber auch das starke Doublett (= Doppellinie) des einfach ionisierten Stickstoffs [N II]. Vielen Amateuren dürfte unbekannt sein, dass diese starke Linie bei 654,8/658,4 nm die H-Alpha-Linie sozusagen sehr eng „einrahmt“. Daher sollte man nicht von einer Aufnahme in H-Alpha reden, sondern von H-Alpha + [N II]. Im ferneren Rotbereich liegt bei 671,6/673,1 nm ein weiteres Doublett, die [S II]-Linie des einfach ionisierten Schwefels. Sie ist bei Supernovaresten sehr viel stärker als bei üblichen Gasnebeln. Das Gleiche gilt auch für das [O III]-Doublett bei 495,9/500,7 nm. Es sorgt im blaugrünen Spektralbereich für die visuelle Erkennbarkeit des Krebsnebels. Die Intensitätsverhältnisse aller Linien variieren jedoch merklich in einzelnen Nebelsträhnen. In einigen Knoten und Filamenten ist [O III] am stärksten, an anderen Stellen überwiegen [N II], H-Alpha oder [S II]. Im nahen Infrarot, das ja für moderne CCD-Kameras gut erreichbar ist, kommt auch noch eine unerwartet starke Emissionslinie des einfach ionisierten Nickels vor (737,8 nm).

Das Filamentnetz ist eingebettet in eine strukturlose (=amorphe) Nebelmasse. Sie sendet zwar kontinuierliches Licht aus, aber kein „gewöhnliches“ Licht. Vielmehr handelt es sich um nichtthermische Synchrotronstrahlung, die den Farbton weißlichblau besitzt. Wo kommt diese Synchrotronstrahlung her? Verursacher ist der Neutronenstern, der nach der Supernova übrigblieb. Es handelt sich um einen „Pulsar“ mit der Katalognummer PSR 0531+21. Er ist der erste im sichtbaren Licht entdeckte Vertreter seiner Art und kommt auf etwa 16 mag. Sein Licht, das uns erreicht, pulsiert enorm schnell – 30-mal pro Sekunde. PSR 0531+21 gibt einen Teil seiner Energie (etwa 10 – 20%) an den Nebel ab, indem er einen ständigen „Wind“ aus relativistischen Teilchen, Magnetfeldern und hydrodynamischen Wellen dort hineinbläst. Die Elektronen bewegen sich mit sehr hoher Geschwindigkeit (nicht mehr klein gegen die Lichtgeschwindigkeit, daher der Begriff „relativistisch“) durch den Nebel und durch das magnetische Feld. Dabei verlieren sie ihre Energie durch Emission von Synchrotronstrahlung. Und die kann in allen Wellenlängen beobachtet werden, von kurzfrequenter Radiostrahlung über den visuellen Bereich bis hin zu harter Röntgenstrahlung. So bilden Pulsar und Synchrotronnebel ein „gekoppeltes hydrodynamisches System“.

Torsten Grossmann nahm das Bild am 04.01.2011 mit einem 7-zölligen Apochromaten (TMB) auf, Öffnungsverhältnis 1:8 (= Fokalverhältnis f/8). Aufnahmeort war Nuthe Urstromtal. Bei leichtem Hochnebel belichtete er 90 min ohne Binning in H-Alpha + [N II], dazu 90 min in Luminanz, ebenfalls ohne Binning. Die Farbkanäle RGB wurden im 2-fachen Binning 100 min belichtet. Es wurde mit Masterdark und Masterflat kalibriert.

RA = 05 h 34,5 min, DEK = +22° 01´

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