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Die Sonne – Biographie unseres Sterns

Rezension von: Manfred Holl (Rezensent) | | Verlag

Bücher über die Sonne sind im deutschen Sprachraum nicht in so breiter Streuung zu finden, wie Werke über andere Bereiche der Astronomie. Wer hier allerdings eine Zusammenfassung über das Leben unseres Tagesgestirns von der protosolaren Wolke bis hin zum Weißen Zwerg, der einst von einem Planetarischen Nebel umgeben sein wird, erwartet, wird enttäuscht werden. Hier geht es trotz des leicht irreführenden Titels nicht um astrophysikalische Vorgänge, sondern vielmehr um die Sichtweise der Kulturwissenschaft: Die Frage nämlich, wie sich die Sonne auf die verschiedenen Kulturen der Menschheit ausgewirkt hat. Konkret: Wie sich die Vorstellungen der Menschen von der Sonne im Laufre der Jahrtausende grundsätzlich gewandelt hat.

So betrachtet, kann man ganz neue Einblicke in die Astronomiegeschichte gewinnen. Ganz am Anfang der Betrachtungen steht der ägyptische Pharao Amenophis IV., der sich später aus Verehrung der Sonne als alleinigen und einzig wahren Gott Echnaton nannte und für ein paar Jahre die typisch polytheistische Staatsreligion des Landes am Nil in eine monotheistische verwandelte. Es folgen kulturhistorische Beschreibungen der Vorhersage von Sonnenfinsternissen im alten Babylon, die Denkweisen der Griechen von den ersten Philosophen bis hin zu Platon, christliche Vorstellungen und Dogmen, die Stellung der Sonne im Weltall bei Giordano Bruno, Kopernikus, Kepler, Galilei, Newton, Descartes, Herschel und Kant. Schließlich wagt der Autor noch einen Blick in das Innere der Sonne, oder besser: Der Ansicht der Kulturwissenschaft über die gesellschaftlichen Veränderungen, zu denen die immer mehr erweiterten physikalischen Erkenntnisse über die Sonne geführt haben.

Das Buch endet mit Einstein und den heutigen Vorstellungen über den Stern, von dem wir leben. Wer mit einem astronomisch-physikalischen Weltbild an dieses Buch herangeht, wird an manchen Stellen so seine Probleme bekommen, denn, wie heißt es so schön auf Seite 4: In Hildebrandts Biographie der Sonne spiegelt sich die Biographie des Menschen und seiner Ideen. Dem möchte ich eigentlich nichts hinzufügen, außer, dass man sich auf dieses Buch auf besondere Weise einlasse muss. Wenn es auch verschiedentlich Einwände anderer Kulturwissenschaftler gibt: Es ist ein Abenteuer, auf das sich der Leser einlassen muss. Das ist zwar irgendwie bei jedem Buch der Fall, doch bei diesem in besondere Maße, weshalb es für mich als normalen Leser und Rezensenten, der keine kulturwissenschaftliche Ausbildung genossen hat, dennoch ein Genuss war, die Sichtweise über die Sonne aus einem ganz anderen als dem astrophysikalischen Blickwinkel kennen zu lernen.

Titel:Die Sonne – Biographie unseres Sterns
Autor:Dieter Hildebrandt
Verlag:Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG München (2010)
ISBN:978-3-423-34651-1
Jahr:1. Auflage, November 2010
Infos: http://d-nb.info/1002248272
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