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Ein Diamant so groß wie ein Planet

| Max-Planck-Institut

Ein Stern, der umgewandelt und verdichtet wird zu einem Planeten aus Diamant - das glauben Astronomen erst kürzlich im Weltall gefunden zu haben. Die Entdeckung gelang einem internationalen Forschungsteam mit Wissenschaftlern aus Australien, Deutschland, Italien, Großbritannien und den USA, darunter Prof. Michael Kramer vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie.

 

Das Team fand den "Diamantplaneten" mit dem Parkes-64-m-Radioteleskop in Australien und fand heraus, dass er um einen ungewöhnlichen Stern mit extrem hoher Dichte kreist, einen sogenannten Pulsar. Die Daten zu dem Pulsar-Planeten-Paar konnten durch nachfolgende Beobachtungen mit dem Lovell-Radioteleskop in Großbritannien sowie einem der beiden Keck-Teleskope auf Hawaii bestätigt werden. Das System liegt in ca. 4000 Lichtjahren Entfernung in Richtung des Sternbilds Serpens (Schlange) in der Ebene unserer Milchstraße. Diese Entfernung beträgt ungefähr ein Siebtel der Entfernung zum Zentrum unserer Milchstraße.

 

Das Ergebnis der Beobachtungen wird in der aktuellen Ausgabe des Magazins "Science Express" präsentiert.

Pressinformation des Max-Planck-Institut für Radio Astronomie vom 25.08.2011

Abb. 1: Schematische Darstellung des Pulsar-Planeten-Systems PSR J1719-1438. Das Bild zeigt den Millisekundenpulsar mit 5,7 ms Pulsperiode im Zentrum, und die Umlaufbahn des Planeten im Vergleich zur Größe der Sonne (in Gelb markiert).
Bild: Swinburne Astronomy Productions, Swinburne University of Technology (Bitte Anklicken für höhere Auflösung!).

 

 

 

Pulsare stellen extrem verdichtete Endstadien der Sternentwicklung dar. Es sind schnell rotierende Sterne von der Größe einer Stadt wie z.B. Köln, die einen stark gebündelten Strahl von Radiowellen aussenden. Wenn im Zuge der die Rotation der Sterns der Strahl dann wiederholt über die Erde streicht, fängt man mit Radioteleskopen ein regelmäßig "pulsierendes" Signal auf (daher der Name "Pulsar").Bei dem neu entdeckten Pulsar mit der Bezeichnung PSR J1719-1438 fiel den Astronomen auf, dass in den Ankunftszeiten der Pulssignale eine regelmäße Modulation liegt, das Ganze verursacht durch die Gravitation eines massearmen Begleiters, nämlich eines Planeten. Die Modulation der Pulsarsignale verrät einiges über den Begleiter. Zunächst lässt sich daraus ableiten, dass er den Pulsar in gerade mal 2 Stunden und 10 Minuten umkreist und dass der Abstand zwischen beiden Objekten lediglich 600.000 km beträgt - das ist etwas weniger als der Radius unserer Sonne. Darüber hinaus ist der Begleiter so nahe an dem Pulsar, dass er mit mehr als 60.000 km Durchmesser (das ist weniger als die Hälfte vom Durchmesser des Planeten Jupiter) auf jeden Fall durch die Schwerkraft des Pulsars auseinandergerissen würde.

"Die Dichte des Planeten ist mindestens so hoch wie die von Platin und verrät uns so einiges über seinen Ursprung", sagt der Leiter des Forschungsteams, Prof. Matthew Bailes von der Swinburne University of Technology in Australien. Bailes ist auch Leiter des Bereichs "Dynamisches Universum" im Centre of Excellence in All-sky Astrophysics (CAASTRO). Zur Zeit befindet er sich auf einem mehrmonatigen Forschungsaufenthalt am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn.

Das Wissenschaftlerteam nimmt an, dass der Begleiterplanet den winzigen Kern eines einstmals massereichen Sterns darstellt, der nur knapp der kompletten Zerstörung entgangen ist, indem nämlich seine Materie von dem Pulsar komplett aufgesogen wurde. Der Pulsar selbst wurde in einer Datenmenge von insgesamt 200.000 Gigabyte identifiziert, mit Hilfe von speziellen Analyseprogrammen auf Supercomputern an der Swinburne University of Technology, der Universität Manchester und am INAF-Osservatorio Astronomico di Cagliari auf Sardinien.

Das Projekt ist Teil einer systematischen Suche nach Pulsaren am ganzen Himmel, an der sich das 100-m-Radioteleskop Effelsberg des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR) mit Messungen in der nördlichen Hemisphäre beteiligt. "Wir haben hier die größte und empfindlichste Kartierung von Pulsaren am ganzen Himmel, die jemals durchgeführt wurde", sagt Michael Kramer, Direktor am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie. "Wir erwarten eine Reihe von aufregenden neuen Ergebnissen mit diesem Programm und es ist schön zu sehen, dass dies bereits losgeht. Und es wird noch mehr kommen."

Wie ist der Pulsar zu seinem exotischen Begleiter gekommen? Und woher weiß man, dass er aus Diamant besteht? Der Pulsar J1719-1438 gehört zu der extrem schnell rotierenden Sorte, die man als Millisekunden-Pulsare bezeichnet. Er dreht sich mehr als 10.000 mal pro Minute um die eigene Achse, hat die 1,4fache Masse der Sonne, aber einen Radius von nur ca. 20 Kilometern. Ungefähr 70% der Pulsare haben Begleiter unterschiedlicher Art. Die Astronomen nehmen an, dass es die Begleiter sind, die noch als Stern einen alten langsam rotierenden Pulsar durch den Transfer von Masse auf eine sehr hohe Umlaufgeschwindigkeit beschleunigen. Das Resultat ist ein schnell rotierender Millisekundenpulsar mit einem in der Masse geschrumpften Begleiter - häufig einem Weißen Zwerg.

"Wir kennen nur wenige Doppelsternsysteme, die sogenannten "ultra-compact low-mass X-ray binaries" (ultrakompakte Röntgendoppelsterne mit geringer Masse), bei denen wir annehmen können, dass sie sich in dem oben beschriebenen Szenario entwickeln und vielleicht den Vorgängerstern für einen Pulsar wie PSR J1719-1438 darstellen könnten", sagt Dr. Andrea Possenti vom INAF-Osservatorio Astronomico di Cagliari.

Aber der Pulsar und sein Begleitstern sind so dicht beisammen, dass es sich bei dem Begleiter nur um einen sehr stark massereduzierten Weißen Zwerg handeln kann, der seine gesamten äußeren Schichten und über 99,9% der ursprünglichen Masse verloren hat. Der verbleibende Rest dürfte überwiegend aus Kohlenstoff und Sauerstoff bestehen, mit leichteren Elementen wie Wasserstoff und Helium lassen sich die aus den Beobachtungen erhaltenen Daten nicht erklären. Die abgeleitete Dichte lässt darauf schließen, dass das Material mit Sicherheit in einem kristallinen Zustand vorliegt; ein großer Teil des Sterns könnte ähnlich wie ein Diamant aufgebaut sein.

"Das endgültige Schicksal dieses Doppelsterns hängt von Masse und der Umlaufperiode des Gebersterns zur Zeit des Massentransfers ab. Das seltene Auftreten von Millisekunden-Pulsaren mit Begleitern mit der Masse von Planeten bedeutet, dass die Entstehung solcher exotischen Planeten eher die Ausnahme als die Regel darstellt und das Zusammentreffen von speziellen Bedingungen erforderlich macht", so Dr. Benjamin Stappers von der Universität Manchester.

"Diese neue Entdeckung kam überraschend für uns. Aber es gibt noch eine ganze Menge mehr, was wir über Pulsare und fundamentale Physik in den kommenden Jahren herausfinden werden", schließt Michael Kramer.

Abb. 2: Das 64-m-Parkes-Radioteleskop in Australien
Bild: CSIRO Astronomy and Space Science (CASS) (Bitte Anklicken für höhere Auflösung!).

 

 

 

 

 

 

Originalveröffentlichung:

Transformation of a Star into a Planet in a Millisecond Pulsar Binary , M. Bailes et al., 2011, Science Express, DOI: 10.1126/science.1208890.


Parallele Pressemitteilungen:

'The Dish' finds a 'diamond planet' , CSIRO Media Release, 26 August 2011.

The Diamond Planet , Jodrell Bank Centre for Astrophysics, 25 August 2011.

Un gioiello di pianeta , Osservatorio Astronomico di Cagliari, 25 August 2011.

A planet made of diamond , Swinburne Media Centre, 26 August 2011.


Weitere Informationen:

Bild und kurze Filmsimulation in verschiedener Auflösung (Swinburne Astronomy Productions, Swinburne University of Technology).

Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR).

Swinburne Cantre for Astrophysics & Supercomputing (CAS).

ARC Centre of Excellence for All-Sky Astrophysics (CAASTRO).

Swinburne Pulsar Group at CAS.

Fundamental Physics in Radio Astronomy (Research Group at MPIfR).


Lokaler Kontakt:

Prof. Dr. Michael Kramer,
Direktor und Leiter der Forschungsgruppe "Radioastronomische Fundamentalphysik",
Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn.
Fon: +49(0)228-525-278
E-mail: mkramer (at) mpifr-bonn.mpg.de

Prof. Dr. Matthew Bailes,
Swinburne Centre for Astrophysics & Supercomputing
zur Zeit: Max-Planck-Institut für Radioastronomie.
Fon: +49(0)228-525-180
E-mail: mbailes (at) swin.edu.au

Dr. Norbert Junkes,
Max-Planck-Institut für Radioastronomie.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,
Fon: +49(0)228-525-399
E-mail: njunkes (at) mpifr-bonn.mpg.de

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