Juli 2024 -Eine Weitwinkelansicht um NGC 1333

So etwas sieht man selten! Die Weitwinkelaufnahme zeigt ein riesiges Himmelsfeld um den hellen Reflexionsnebel NGC 1333 in der Bildmitte. Dieser Nebel befindet sich im Sternbild Stier, wo es viel interstellare Materie gibt. Der Bildautor Robert Pölzl setzte am 17.12.2022 an seiner Sternwarte Hirschegg (Steiermark) ein Fotoobjektiv Samyang 135 mm f/2 ein, blendete allerdings zur besseren Zeichnung bis in die Bildecken auf Blende 2,6 ab und verwendete als Kamera eine ZWO ASI1600MM Pro. Und jetzt die Belichtungszeit: 23,2 Stunden!!! Dazu schreibt Robrt Pölzl: "Neben der "Hauptoptik" ist das Samyangobjektiv huckepack montiert und dient in erster Linie für jene Nächte, die ein etwas schlechteres Seeing bieten. Im Winter ist das öfters der Fall - jedoch freue ich mich dann, mit dem Fotoobjektiv auf äußerst lohnende Objekte zu halten. Die Region im Sternbild Stier ist für diese Optik eine wahre Spielwiese. Unmengen an Staub und in weiterer Folge Verdichtungen, Globulen und neu geborene Sterne zeigen interessante und wunderbare Strukturen. Dies macht die Bildbearbeitung - auch dank der Lichtstärke - zu einem sehr lohnenden Prozess. Die Bildbearbeitung erfolgte ausschließlich in PixInsight. Durch dieses Bild bin ich sozusagen "auf den Geschmack gekommen" und so gesehen freut es mich fast, wenn das Seeing nicht ganz perfekt ist."
Das Bild misst 7°43' x 5°49'. Norden liegt oben, Osten links - so wie es astronomisch festgelegt ist. Man ist überrascht, welche Fülle an eigentlich lichtschwachen Nebeln im Hintergrund sichtbar wird - natürlich ist das eine Folge der sehr langen Belichtungszeit, und das bei f/2,6!!! Das zeigt uns als wichtige Erkenntnis: Belichten, belichten, belichten ... d.h. das Signal/Rausch-Verhältnis durch erheblich mehr Photonen erhöhen, dann kommt Grenzgröße ins Bild - nicht durch Strecken und anschließende Entrauschung in der Bildbearbeitung!!!
Gehen wir nun der Reihe nach die markantesten Objekte im Bild durch (siehe auch Zusatzbild 1):
Zentral im Bild liegt der Reflexionsnebel NGC 1333. Ich (P.R.) muss zugeben, dass ich zunächst Schwierigkeiten hatte, NGC 1333 auf dem Pölzl-Bild dem DSS zuordnen zu können ... So ist das halt bei Belichtungszeiten, die sämtliche professionellen Surveys "alt aussehen lassen". NGC 1333 ist tatsächlich ein offener Sternhaufen, der von Reflexionsnebeln desselben Katalognamens eingehüllt wird. 1855 von Eduard Schönfeld entdeckt, wird NGC 1333 im Nordbereich von dem eingebetteten Doppelstern BD+30°548/549 erleuchtet. Dieser Doppelstern liefert auch sofort über die Gaia-Parallaxe die Nebelentfernung von 287 Parsec (937 Lj). Diese Zahl dürfte auch für die weiteren umgebenden Nebel Gültigkeit besitzen.
Von NGC 1333 nun 54' nach Südwesten. Dort erkennt man einen weiteren, aber deutlich lichtschwächeren bläulichen Nebel, der sich als Reflexionsnebel Cederblad 13 = [RK68] 8 = GN 03.22.7 um den 9,2 mag hellen blauen B8-Stern BD+30°540 erstreckt. Die RK-Nummer ist der 8. Eintrag im Nebelkatalog von Rojkovskij & Kurchakov (1968). Von dort aus springen wir etwa 75' nach Südsüdost, wo sich wiederum ein Reflexionsnebel zeigt. Das ist [RK68] 10 = GN 03.25.3 um den 9,1 mag hellen F0-Stern BD 29°565. Seine Form ist schon erheblich zerrissener als die der beiden Nebel zuvor. Und jetzt noch von NGC 1333 ungefähr 200' nach Ostnordost gehen, in Richtung linker obrer Ecke. Dort erscheint der hellste Reflexionsnebel im Bild - IC 348. Man mag es kaum glauben, aber IC 348 wird in der Datenbank Simbad als offener Sternhaufen klassifiziert. Der umgebende Nebel ist LBN 758 bzw. DG 23. Was soll das? Ist dieses Objekt nun ein Reflexionsnebel oder ein Sternhaufen?
Die Antwort ist simpel: Wieder ist es sowohl ein Sternhaufen als auch ein einhüllender Nebel. Aufgrund der langen Belichtungszeit werden die Sterne des Sternhaufens vom Nebel völlig überstrahlt! Interessant ist das Zusatzbild 2, welches IC 348 und NGC 1333 im nahen Infrarotlicht (NIR) zeigt (gemäß dem 2MASS, Two Micron All Sky Survey). Das NIR-Licht durchdringt beide Nebel und lässt die stellare Natur der Objekte klar erkennen. Hier wird eindeutig vor Augen geführt, dass auch in weniger dichten Staubwolken Sternentstehung stattgefunden hat.
Anmerkungen: Das vorliegende AdM ist wirklich einmal ein Superhinweis, was bei dunklem alpinen Nachthimmel wie an Roberts Sternwarte (1200 m Höhenlage) mit lichtstarker Öffnung und langer Belichtungszeit möglich wird. Und das ohne jegliche Filterung. In der Tat ist für ein solches Motiv das Seeing von minimaler Bedeutung. Immerhin wird im Bild ein Maßstab von 6" pro Pixel erreicht, d.h. vom Seeing auf 6" verschmierte Sterne erkennt man gar nicht als verschmiert, denn sie werden als 1 Pixel abgebildet.
Vielen Dank, lieber Robert, dass man von Dir wieder einmal ein überzeugendes Bild präsentieren kann! Und jetzt die herzliche Gratulation des AdM-Teams zum Astrofoto des Monats Juli!
Peter Riepe
Bildautor: Robert Pölzl
Koordinaten (J2000) von NGC 1333:
RA = 03 h 29 min 11 s, Dec = +31° 18' 36''
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