Juni 2024 - M 78, hellster Reflexionsnebel in einer Nebelreihe

Mit dem aktuellen AdM wird ein populäres Objekt des Winterhimmels vorgestellt: Messier 78 ist ein Reflexionsnebel im Sternbild Orion. Er befindet sich in einer Reihe ineinander verschachtelter, zusammenhängender Reflexionsnebel, und zwar an einer Stelle, an der die Helligkeit lokal am höchsten ist. Bildautor ist Sascha Ebeler, den wir als Neuling mit einem herzlichen Willkommen im Kreis der AdM-Astrofotografen begrüßen. Sascha Ebeler schreibt: "Mein Freund Faried hat mich übrigens auf die Idee gebracht, auch mal ein Foto zum AdM einzusenden."
Das Bild entstand in den ersten drei klaren Nächten des noch jungen Jahres vom 8. bis 10. Januar 2024. Teleskop war ein Apochromat des Typs Skywatcher Esprit 100ED (f/5,5), dazu eine CMOS-Kamera ZWO ASI2600MC Duo, Montierung ZWO AMS, Steuerung: ASIAIR. Der Aufnahmeort Emsdetten liegt im nordrhein-westfälischen Teil des Emslandes westlich von Osnabrück. Belichtet wurde 428 x 120 s (14 h 16 min) bei -10°C, dazu Bias, Flats, Darks (auch Darkflats), Dithering. Als Sortware zur Bildbearbeitung wurden PixInsight und Phtoshop verwendet.
Das Bild ist im Längsformat wiedergegeben und misst 2°24' x 1°36'. Norden liegt auf ca. 9:30 Uhr. Beherrschend im linken Bildbereich ist Barnard´s Loop im roten H-alpha-Licht (der Texteditor von Astronomie.de kann leider keine griechischen Buchstaben als Sonderzeichen oder Symbol lesen). Das gesamte Bildfeld ist Teil der riesigen Molekülwolke Orion B, von deren Gas aber hier im Bild nichts zu sehen ist, nur die Staubanteile mit den erleuchteten Intensitätsspitzen der eingebetteten Reflexionsnebel. Der blaueste, hellste und Nebel aus diesem Komplex ist Messier 78 (= NGC 2068, Ced 55u, DG 80, [RK68] 42). Die letztgenannte RK-Nummer ist der 42. Eintrag im Nebelkatalog von Rojkovskij & Kurchakov (1968). In M 78 sitzt auch die erleuchtende Quelle: der Infrarot-Sternhaufen mit der englischen Bezeichnung "NGC 2068 IR cluster". Seine hellsten Sterne sind sogar sichtbar: a) HD 290862, ein junger Stern mit dem Spectraltyp B3/5. Er sollte daher knallblau leuchten, wird aber aufgrund der Staunrötung im Nebelbereich mit B = 11,04 mag und V = 10,41 mag gemessen, d.h. der Farbindex B-V ergibt 0,63 mag, was einem reinen RGB-Weiß entspricht. b) Der Doppelstern HD 38563, ein Riesenstern des Spektraltyps B2II-III, der dann mit einem B-V von 0,98 mag sogar ins gelbe Licht "gerötet" wird.
M 78 wird am oberen (West-) Rand von den markanten vordergründigen Dunkelwolken Dobashi 4789 und LDN 1627 begrenzt. Letztere trennt M 78 scheinbar von dem anschließenden Nebelgebiet NGC 2067 oberhalb (NGC 2067 = [RK68] 41, Ced 55t und DG 79). LDN 1627 mündet nach rechts in den Dunkelnebel LDN 1630. Als Entfernung darf man von ca. 450 pc ausgehen (knapp 1500 Lj). Folgen wir jetzt von NGC 2067 ausgehend oberhalb der langen Dunkelwolke nach rechts (Süden). Zunächst sitzt da eine auffallend zerfledderte Dunkelwolke (Name???), oberhalb von LDN 1627 liegt bei den Pixelkoordinaten (4480/1785) der kleine, helle Reflexionsnebel [RK68] 40. Im Inneren dieses Nebels stecken einige junge stellare Objekte mit sehr starker Rötung.
Etwa 10' bis 11' weiter rechts von [RK68] 40 erkennt man einige feinstrukturierte, kleine Nebel. Da ist zunächst der Herbig-Haro-Komplex HH 24, der aus mehreren fein aufgelösten Komponenten zusammengesetzt ist. Ihre bräunlich-rötliche Färbung geht neben H-alpha auch auf eine starke Emission im Schwefellicht [SII] zurück. Weitere 1,5' nach Süden ist das Nebelchen Bernes 106 zu sehen (Schreibweise für Simbad: [B77] 106). Die Struktur ähnelt einer Spiralgalaxie in Draufsicht. Im Inneren steckt ein junger T Tauri-Stern.
Jetzt zu einem veränderlichen Nebel. Bei den Pixelkoordinaten (4745/1802) war ein Objekt zu sehen, das de Amateur J.W. McNeil im Januar 2004 entdeckte: McNeil´s Nebula. In diesem Nebel steckt der Veränderliche V1647 Orionis, ein T Tauri-Stern. Denr Stern ist im AdM erkennbar. Aber von dem Nebel ist hier nichts mehr zu sehen.
Etwa 16' nordnordöstlich von M 78 liegt der zweithellste Reflexionsnebel in diesem Gebiet, NGC 2071 (DG 81, GN 05.44.6, [RK68] 43). Auch hier spielt sich - wie in M 78 - aktive Sternentstehung ab. Daher ist auch im Inneren dieses Nebels ein IR-Sternhaufen mit der Bezeichnung "NGC 2071 IR Cluster" verborgen. Der hellste Stern dieses Haufens ist HD 290861, ein junger Stern mit dem Spektraltyp F8 und einer visuellen Helligkeit von etwa 10 mag. Etwa 21' nördlich (links) von NGC 2071 liegt der Nebel Bernes 100 mit einer klaren Hufeisenform. An deren südlichem Außenrand sitzt HD 290857, ein spektroskopischer Doppelstern mit 10,1 mag visueller Helligkeit und einem Speektraltyp F8. Mit einem passenden Farbindex B-V = 0,39 mag dürfte er der Verursacher des leicht bläulichen Innenbereichs sein. Der deutlich rötliche Südrand von Bernes 100 stellt vermutlich eine ionisierte Stoßfront dar, verursacht durch die Sternwinde und die hohe UV-Strahlung der hellen jungen Gürtelsterne im Orion.
Und ein letzter Nebelkomplex soll noch erwähnt sein: 7' östlich (unterhalb) von Bernes 100 erkennt man HH 471, wiederum als einen mehrteiligen Herbig-Haro-Komplex. Hierin steht auch der 14,8 mag helle T Tauri-Stern EM* LkHa 316, ein Emissionslinienstern in H-alpha.
Als Zusatzbild liegt noch eine verkleinerte Version des AdMs bei, darin sind die besprochenen Objekte gelb eingetragen.
Anmerkungen: Das vorliegende AdW entstand ohne jegliche Filterung, obwohl Emsdetten keinen guten Himmel besitzt (Bortle 5). Dazu schreibt Sascha Ebeler: "Nach vielen Monaten mit Wolken endlich einmal drei klare Nächte, und dann noch ohne Mond. Um eine möglichst natürliche Farbwiedergabe zu erreichen, habe ich das Objekt ohne Filter aufgenommen. Da Orion relativ tief steht und ich Richtung Süden noch mit der Lichtverschmutzung der Stadt zu kämpfen habe, war das ein nicht ganz so einfaches Unterfangen, aber es war möglich, auch bei uns aus dem Garten heraus ein schönes Resultat zu erzielen."
Dem ist nur noch eines hinzuzufügen: Dem Vorsatz des Bildautors folgte dann ein überzeugendes Resultat. Außerdem ist die Bildauflösung für die benutzte Kombination aus Teleskop und Kamera ganz hervorragend! Dafür vielen lieben Dank! Und dazu die herzliche Gratulation des AdM-Teams zum Astrofoto des Monats!
Peter Riepe
Bildautor: Sascha Ebeler
Koordinaten (J2000) von M 78:
RA = 05 h 46 min 46 s, Dec = 00° 04' 45''
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