Kosmischer Laubbläser stoppt Sternentstehung
In der 150 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie NGC 3801 kommt die Sternentstehung zum Erliegen. Einem kosmischen Laubbläser gleich pusten starke Druckwellen des zentralen Schwarzen Lochs und vieler explodierender Sterne das Gas aus dem Sternsystem heraus und nimmt ihm so den Rohstoff für die Produktion neuer Sterne. Das zeigen Beobachtungen eines Astronomenteams aus Taiwan, Korea und den USA. Es ist das erste Mal, dass Himmelsforscher eine Galaxie in dieser Übergangsphase ihrer Entwicklung beobachten. Die Wissenschaftler berichten im Fachblatt „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ über ihre Messungen.
„Wir habe ein Galaxie auf frischer Tat dabei ertappt, wie sie ihren Gas-Vorrat für neue Sterne zerstört und sich dadurch zu einer roten, toten Galaxie entwickelt“, erklärt Ananda Hota von der Academia Sinica in Taipei, Taiwan, ein Mitglied des Teams. „Damit haben wir ein kritisches, bislang fehlendes Verbindungsglied in der Entwicklung von Galaxien gefunden.“ Die Himmelsforscher gehen seit langem davon aus, dass aus gasreichen Spiralgalaxien durch Zusammenstöße und Verschmelzungen gasarme elliptische Galaxien entstehen. Die Forscher vermuteten auch, dass die Sternsysteme bei diesem Prozess durch Stoßwellen ihr Gas verlieren und so die Sternentstehung stoppt. Doch bislang konnte diese Vorstellung nicht durch Beobachtungen untermauert werden.
Diese Lücke schließen Hota und seine Kollegen nun mit ihren Beobachtungen der Galaxie NGC 3801. Das System zeigt noch deutliche Anzeichen dafür, dass es vor einigen hundert Millionen Jahren aus einer Verschmelzung zweier Galaxien hervorgegangen ist. Noch immer entstehen in NGC 3801 als Folge dieses Ereignisses neue Sterne. Aber die Astronomen konnten auch heißes Gas beobachten, das mit hohem Tempo aus dem System heraus strömt – eine Folge der Explosion vieler massereicher Sterne, die nach der Verschmelzung in der Zentralregion der Galaxien entstanden sind.
Außerdem zeigen die Beobachtungen von Hota und seinen Kollegen eine Druckwelle, die sich vom supermassiven Schwarzen Loch im Zentrum des Systems mit einer Geschwindigkeit von 900 Kilometern pro Sekunde durch die Galaxie ausbreitet. Innerhalb von zehn Millionen Jahren wird diese Welle die Außenbezirke von NGC 3801 erreichen, das noch vorhandene kühle Gas aus der Galaxien herausblasen haben und so die Sternentstehung zum Stillstand bringen, so die Forscher.
Quelle: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1745-3933.2012.01231.x/abstract