Turbulente Akkretionsströmung eines Schwarzen Lochs im Visier
Analyse von mehrjährigen Beobachtungen des supermassereichen Schwarzen Lochs M87* mit dem Event Horizon Telescope.

Beobachtete und computer-simulierte theoretische Bilder von M87*. Die Spalte links zeigt EHT-Bilder von M87* aus den Beobachtungskampagnen 2018 und 2017. Bildnachweis: Hung-Vi Pu (The Event Horizon Telescope Collaboration, 2025, Astronomy & Astrophysics)

Beobachtete und computer-simulierte theoretische Bilder von M87*. Die Spalte links zeigt EHT-Bilder von M87* aus den Beobachtungskampagnen 2018 und 2017. Bildnachweis: Hung-Vi Pu (The Event Horizon Telescope Collaboration, 2025, Astronomy & Astrophysics)
Durch Beobachtungen von 2017 und 2018 im Rahmen des Event-Horizon-Teleskop-Projekts wurde unser Verständnis des supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxie Messier 87 (M87*) erweitert. Die vorliegende Studie markiert einen bedeutenden Schritt, um den turbulenten Akkretionsfluss im Bereich des Schwarzen Lochs zu verstehen. Sie basiert auf einem stark verbesserten Satz von detaillierten Computersimulationen, die dreimal umfangreicher sind als frühere Berechnungen.
Die Ergebnisse, an denen das Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) maßgeblich beteiligt war, bestätigen die Vermutung, dass die Rotationsachse des Schwarzen Lochs von M87* von der Erde weg zeigt. Die Untersuchungen liefern auch neue Erkenntnisse über die Struktur und Dynamik des Plasmas in der Nähe des Ereignishorizontes. Die nun über zwei Jahre kombinierten Beobachtungen, die mit Hilfe von verbesserten Simulationsmodellen analysiert wurden, ermöglichen ein umfassenderes Verständnis der Umgebung von M87*.
Die Ergebnisse werden in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.
„Diese Studie unterstreicht die Bedeutung der Einbeziehung größerer und vielfältigerer Simulationssätze bei der Untersuchung des supermassereichen Schwarzen Lochs“, erklärt Christian M. Fromm, Mitglied der EHT-Theorie-Gruppe und Wissenschaftler an der Universität Würzburg und am MPIfR. „Durch die Integration von Multi-Epochen-Daten mit fortgeschrittenen Modellen können wir die dynamischen Prozesse besser verstehen, die die beobachteten Helligkeitsschwankungen bei M87* antreiben. Dieser Ansatz ebnet den Weg für zukünftige Studien, die sich auf das komplexe Zusammenspiel von Plasmadynamik und Spin des Schwarzen Lochs konzentrieren.“
Hung-Yi Pu, Assistenzprofessor an der „National Taiwan Normal University“, ergänzt: „Die direkte Umgebung Schwarzer Löcher ist turbulent und dynamisch. Da wir die Beobachtungen von 2017 und 2018 als voneinander unabhängige Messungen betrachten können, haben wir eine neue Perspektive zur Untersuchung der Umgebung des Schwarzen Lochs. Diese Arbeit unterstreicht das Potenzial der Beobachtung des Schwarzen Lochs in seiner zeitlichen Entwicklung.“
Die Beobachtungen von 2018 bestätigten den leuchtenden Ring aus dem Bild von 2017 mit einem Durchmesser von etwa 43 Mikrobogensekunden; das entspricht den theoretischen Vorhersagen für den Schatten eines Schwarzen Lochs mit einer Masse von 6,5 Milliarden Sonnenmassen. Im Vergleich zu 2017 ist der hellste Teil des Rings um 30 Grad gegen den Uhrzeigersinn verschoben, was auf Rotation und Turbulenzen in der Akkretionsscheibe zurückzuführen ist. Dieses Verhalten stimmt mit den Vorhersagen der Analyse von 2017 überein, die eine solche Verschiebung erwarten ließen.
Unter Verwendung synthetischer Computermodelle, die dreimal umfangreicher sind als diejenigen von 2017, analysierte das EHT-Team Akkretionssimulationen der Beobachtungen aus beiden Jahren. Wenn sich Gas spiralförmig in ein Schwarzes Loch hineinbewegt, kann es sich entlang der Rotationsachse (des Spins) des Schwarzen Lochs ausrichten oder entgegengesetzt rotieren. Die beobachteten Veränderungen lassen sich besser erklären durch Gas, das in entgegengesetzter Richtung zum Schwarzen Loch rotiert.
„Die Beobachtungen von 2018 zeigen in Verbindung mit den Daten von 2017 ein nuanciertes Bild des Akkretionsflusses von M87*“, sagt Eduardo Ros, Wissenschaftler am MPIfR. „Die Studie unterstreicht, wie sich die Plasmastrukturen in der Nähe des Ereignishorizonts entwickeln und gibt Hinweise auf die Variabilitätsmechanismen, die die Umgebung von Schwarzen Löchern bestimmen. Dieser iterative Prozess von Modellierung und Beobachtung ist entscheidend, um den Geheimnissen der Dynamik der Umgebung Schwarzer Löcher auf die Spur zu kommen.“
Die neuen Erkenntnisse sind besonders wichtig vor dem Hintergrund der zusätzlichen Beobachtungen des Schattens des Schwarzen Lochs bei 3 mm Wellenlänge mit dem Global Millimeter VLBI Array (GMVA) im Jahr 2018, die im April 2023 vorgestellt wurden. „Diese Beobachtungen, kombiniert mit den Ergebnissen des EHT bei 1,3 mm Wellenlänge, liefern ein vollständigeres Bild der Umgebung des Schwarzen Lochs und seiner Dynamik“, fügt Thomas P. Krichbaum, ebenfalls Wissenschaftler am MPIfR und Mitglied des Forscherteams, hinzu.
Die laufende Analyse der EHT-Daten aus den Folgejahren (2021 und 2022) wird noch stärkere statistische Einschränkungen und tiefere Einblicke in die turbulente Strömung der Materie bzw. des Gases um M87* liefern.
J. Anton Zensus, Direktor am MPIfR und Gründungsvorsitzender der EHT-Kollaboration, bemerkt: „Diese Ergebnisse beruhen auf der kontinuierlichen Arbeit des EHT und finden Bestätigung in den Untersuchungen mit dem GMVA. Sie zeigen, wie wichtig globale Partnerschaften, modernste Technologien und beharrliches Forschen für den wissenschaftlichen Fortschritt sind.“
Weitere Informationen und Quelle unter: https://www.mpifr-bonn.mpg.de/pressemeldungen/2025/2