Ursprung der kosmischen Teilchenstrahlung bleibt rätselhaft
Vor hundert Jahren wurde sie entdeckt, doch ihr Ursprung ist den Forschern immer noch ein Rätsel: die kosmische Strahlung, ein stetiger Strom hochenergetischer Teilchen, der die Erde aus dem Weltall trifft. Mit IceCube, der im Eis der Antarktis installierten, weltgrößten Detektoranlage für Neutrinos, hat ein internationales Forscherteam nun versucht, die Quellen der Teilchenstrahlung aufzuspüren. Ohne Erfolg, wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“ berichten. Bislang als aussichtsreiche Kandidaten angesehene Explosionen, so genannte Gammastrahlungsausbrüche, kommen vermutlich nicht als Produktionsstätte der kosmischen Strahlung infrage.
„Wir wissen, dass es diese hochenergetische kosmische Strahlung gibt, aber wir wissen nicht, woher sie stammt“, sagt der an dem Projekt beteiligte Physiker Alexander Kappes vom Teilchenforschungszentrum DESY in Hamburg. Das Problem: Die kosmischen Teilchen sind elektrisch geladen und werden daher auf dem Weg zur Erde von Magnetfeldern abgelenkt – so verwischt sich ihre Spur und die Astronomen können aus der Richtung, aus der sie auf die Erde treffen, nicht auf ihren Ursprung schließen.
Die Energie der Teilchen – hauptsächlich Protonen – ist millionenfach höher als die Energien, die mit den stärksten Beschleunigeranlagen auf der Erde erzeugt werden können. Deshalb kommen nur außergewöhnlich energiereiche Prozesse im Kosmos als Produktionsstätten der Strahlung infrage. Hauptkandidaten sind supermassive Schwarze Löcher und Gammastrahlungsausbrüche, die gewaltigsten Explosionen im Universum. Kappes und seine Kollegen haben nach einem Zusammenhang zwischen Gammastrahlungsausbrüchen und der kosmischen Strahlung gesucht.
Diese Explosionen sollten nach den theoretischen Modellen der Astrophysiker nicht nur hochenergetische elektrisch geladene Teilchen freisetzen, sondern auch Neutrinos. Da Neutrinos elektrisch neutral sind, breiten sie sich gradlinig aus und könnten, so die Hoffnung der Forscher, ihren Ursprung verraten. Mit IceCube, 5160 speziellen Detektoren, die bis zu 2,5 Kilometer tief in einem Kubikkilometer des antarktischen Eises untergebracht sind, hat das Team nach Neutrinos gesucht, die bei 300 Gamma-Ausbrüchen freigesetzt worden sind.
Doch während der zwei Jahre dauernden Messungen fanden Kappes und seine Kollegen zu ihrer Überraschung kein einziges Neutrino, das zu den Explosionen passt. „Entweder ist unsere Vorstellung falsch, dass Gamma-Ausbrüche eine Hauptquelle der extrem energiereichen kosmischen Strahlung ist“, so Kappes, „oder unsere Modelle von den Vorgängen bei diesen Explosionen basieren auf falschen oder zu stark vereinfachten Annahmen.“ Die Suche nach den Quellen der kosmischen Teilchen geht also weiter.
Quelle: http://www.nature.com/doifinder/10.1038/nature11068